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Heft 04 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Wirkung handelsüblicher Emulgatoren auf die rheologischen Eigenschaften flüssiger Schokoladenmassen, Teil I

Die theoretischen Grundlagen der Untersuchung


Nicht jeder Emulgator hat gleiche Eigenschaften, die Auswirkungen auf die Rheologie von Schokoladenmassen sind deshalb unterschiedlich. Ein Forschungsprojekt der TU Dresden und der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, Garching, hat sich dieser Fragestellung angenommen. In diesem Teil I werden die verschiedenen Emulgatoren vorgestellt, in Teil II folgt die Darstellung der experimentellen Untersuchung.


Neben Sojalecithin als gebräuchlichstem Emulgator finden zunehmend Ammoniumsalze von Phosphatidsäuren (YN) sowie seit Novellierung der Kakaoverordnung [1] Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren (MD), Polyglycerin-Polyricinoleat (PGPR) und Sorbitantristearat (STS) Anwendung in Schokoladenerzeugnissen. Handelsemulgatoren bestehen nicht aus chemisch einheitlichen Substanzen, sondern stellen Gemische zahlreicher chemisch ähnlicher, bei der Herstellung parallel entstehender Verbindungen dar.

Da sich diese Einzelkomponenten hinsichtlich ihrer oberflächenaktiven Wirkung zum Teil erheblich unterscheiden, ist die Emulgierwirkung des Gesamtemulgators Schwankungen unterworfen, sobald sich seine Zusammensetzung (z. B. infolge wechselnder Rohstoffqualitäten oder Synthesebedingungen) ändert. Während die rheologische Wirkung der Hauptkomponenten des Lecithins weitgehend geklärt ist [2, 3] und ihren Niederschlag z. B. in mit Einzelfraktionen angereicherten Spezial-Lecithinen definierter Funktionalität fand [4], existieren derartige Kenntnisse für andere Schokoladenemulgatoren kaum. Im vorliegenden Bericht werden Ergebnisse zur rheologischen Wirksamkeit von Handelsemulgatoren, die als Grundlage für weiterführende Untersuchungen an Emulgatorfraktionen ermittelt wurden, vorgestellt.

Die Grundlagen

Emulgatormoleküle besitzen sowohl hydrophile als auch hydrophobe Gruppen und sind daher in der Lage, sich in Mischungen aus hydrophilen und hydrophoben Substanzen an den Phasengrenzflächen anzureichern. Sie setzen die Grenzflächenspannung herab und bilden einen Grenzflächenfilm, der entsprechend seiner Stärke und Struktur die Eigenschaften des Mehrphasensystems beeinflusst. In Emulsionen dienen Emulgatoren vorwiegend der Verbesserung der Mischbarkeit und Verhinderung von Koaleszenz durch Stabilisierung der erwünschten Tröpfchengröße der internen Phase. In Dispersionen verbessern sie die Benetzbarkeit der dispersen Partikel, erleichtern somit deren Verteilung in der kontinuierlichen Phase und verhindern u. U. eine Reagglomeration [5].

Bei Zugabe in flüssige Schokoladenmasse positionieren sich Emulgatoren grundsätzlich an den Phasengrenzen zwischen partikulären Schokoladeninhaltsstoffen (Zucker, Kakaofeststoff, Milchpulver) und der sie umgebenden Kakaobutter. In Abhängigkeit von Emulgatortyp, -dosierung und Einsatzbedingungen beeinflussen sie das Fließverhalten der Schokoladenmasse, sowie deren Toleranz gegenüber erhöhten Feuchte- und Temperaturwerten. Außerdem wirken sie auf das Kristallisationsverhalten in den Verarbeitungsstadien Vorkristallisation und Erstarrung und auf die Lagerstabilität des Fertigproduktes hinsichtlich Fettreifneigung, Oxidationserscheinungen und Stabilität gegenüber Füllungen [7].

Lecithin - E 322
Unter dem Oberbegriff Lecithin versteht man Mischungen oder Fraktionen aus Phospholipiden, die mittels physikalischer Verfahren aus tierischen oder pflanzlichen Nahrungsmitteln gewonnen werden. In einigen Fällen wird nur der in Alkohol unlösliche Teil der Phospholipide, der vorwiegend aus Phosphatidylcholin besteht, als Lecithin im chemischen Sinne bezeichnet [8]. Lecithine fallen als Nebenprodukt bei der Gewinnung von Pflanzenöl aus Ölsaaten an (Rohlecithine) bzw. werden gezielt aus tierischem Material wie Eigelb oder Hirnsubstanz isoliert (tierische Lecithine). In Schokolade kommt wegen wirtschaftlicher Vorteile bevorzugt Sojarohlecithin zum Einsatz. Neben einem Anteil neutraler Lipide ohne emulgierende Wirkung enthält es 60 - 70 % polarer Lipide mit grenzflächenaktivem Potenzial. Außerdem werden entölte oder fraktionierte Speziallecithine sowie Compoundprodukte aus Lecithin und anderen Emulgatoren für die Anwendung in Schokolade angeboten.

Die amphilen Eigenschaften der Phospholipide beruhen auf der Verbindung lipophiler Fettsäureketten mit hydrophilen Glycerinphosphorsäureester-Gruppen im Molekül.



Abbildung 1: Grundstruktur der Phospholipide mit R´, R´´ = Fettsäurereste, R = Phosphatidylrest

Bei Zugabe von Lecithin in Schokoladenmasse laufen komplexe strukturelle Vorgänge ab [9]:
1. Bildung einer lipophilen Oberfläche um Zucker- und Kakaoteilchen, was deren bessere Benetzung mit Fett ermöglicht; daher weniger räumliche Strukturbildung und Erniedrigung des Fließwiderstandes.
2. Freisetzung von adsorptiv gebundenem Fett an der Teilchenoberfläche und dadurch Erhöhung des Anteiles an freiem Fett in der Schokoladenmasse.
3. Bessere Verteilung der dispergierten Feststoffteilchen.
4. Inaktivierung unerwünschter Feuchtigkeit durch Dehydratisierung der Kakaomasse und Bildung einer hydratisierten Lecithin-Schicht um die Nichtfettpartikel, wobei die Wirkung des Lecithins nicht von der Wassermenge abhängt.
Bei Zugabe von mehr als ca. 0,6 % w/w Lecithin wird im allgemeinen eine Verschlechterung der Fließeigenschaften festgestellt [10-13]. Als Ursachen für dieses Phänomen werden die Bildung von Micellen bzw. Assoziationskolloiden [14, 15] sowie die Anlagerung einer weiteren Lecithinschicht an bereits monomolekular umhüllte Partikel [10, 16] diskutiert.

Ammoniumsalze von Phosphatidsäuren (YN) - E 442
YN wird auf der Basis teilgehärteten Rapsöls durch Umsetzung von Monodiglyceriden mit Phosphorpentoxid hergestellt. Es entstehen Ester des Glycerins mit (lipophilen) Fettsäuren und mehrbasischen Phosphorsäuren, die vorwiegend in Form der (hydrophilen) Ammoniumsalze vorliegen, Die Zahl von Einzelverbindungen im Handelsprodukt ist infolge von Stellungsisomeren sehr hoch.



Abbildung 2: Struktur der Ammoniumphosphatide am Beispiel Monophosphatid-säure mit R´, R´´ = Fettsäurereste

YN wird auch als synthetisches Lecithin bezeichnet, weist diesem ähnliche strukturelle Merkmale auf und verfügt beim Einsatz in Schokolade über ein vergleichbares Wirkprinzip. Gegenüber Lecithin zeichnet es sich jedoch durch folgende Vorteile aus [9]:
- stärkere Viskositätssenkung der Schokoladenmasse;
- Wiederanstieg der Viskosität erst bei Zugabemengen von über 0,9 % w/w;
- kein störender Beigeschmack in Schokolade;
- kaum chargen- bzw. lieferungsabhängige Viskositätsschwankungen.

Experimentelle Untersuchungen zur Wirksamkeit von YN in Schokolade und verwandten Produkten bestätigen diese rheologischen Effekte [11, 17, 18] bzw. zeigen Verbesserungen der Lagerstabilität [19, 20].

PGPR – E476
Dieser hochentwickelte, synthetische Emulgator entsteht durch Veresterung von Polyglycerin und kondensierten Rizinusölfettsäuren (hiervon 90 % Rizinolsäure). Ebenso wie Lecithin liegt er als komplexes Gemisch chemisch ähnlicher Verbindungen vor. Sein grenzflächenaktives Verhalten basiert auf lipophilen Gruppen polykondensierter Rizinolsäurereste und hydrophilen Gruppen der Polyglycerine.



Abbildung 3: Grundstruktur von PGPR mit R = H, Fettsäure- oder Polyrizinolfettsäurerest

Während die phänomenologische Seite der emulgierenden Eigenschaften von PGPR bekannt ist, liegen zu deren Ursachen kaum Erkenntnisse vor. Die Funktion dieses Emulgators in Schokoladenmasse wird lediglich mit allgemeinen Emulgator-Wirkprinzipien (Wechselwirkungen mit der Oberfläche der Feststoffteilchen, speziell des Zuckers, sowie Erniedrigung der Oberflächenspannung der Fettphase) begründet [9].
In Schokoladenmasse weist PGPR eine weit geringere viskositätssenkende Wirkung als Lecithin auf, reduziert dahingegen die Fließgrenze stärker und ohne Zugabeoptimum. Es wirkt außerdem dem Viskositätsanstieg, den geringe Wassermengen in Schokoladenmasse hervorrufen, entgegen.

Mono-diglyceride – E 471
MD werden technisch durch Direktveresterung von Glycerin mit Fettsäuren oder durch Glycerinolyse von Speisefetten mit Glycerin hergestellt. Es resultiert ein umfangreiches Spektrum an Einzelverbindungen, die darüberhinaus in verschiedenen Strukturisomeren und in unterschiedlichen Kristallmodifikationen auftreten können. Für die Strukturformeldarstellung wurden zwei repräsentative Verbindungen ausgewählt.



Abbildung 4.a: 1-Stearoyl-glycerin (ein Monoglycerid)



Abbildung 4.b: 1,3-Distearoyl-glycerin (ein Diglycerid)

Als Emulgator erkennt man MD an lipophilen Fettsäureketten und hydrophilem Glycerinrest. In Abhängigkeit vom für die Herstellung verwendeten Fett, den Synthesebedingungen und weiteren Parametern existieren Handelsprodukte mit spezifischen Eigenschaften [9]. Für die Anwendung in Schokolade kommen nur MD-Präparate mit bei 40 °C öliger Konsistenz in Betracht, wobei über Funktion und Wirkung bislang offensichtlich wenig bekannt ist. Geringe Viskositätssenkung in flüssiger Schokoladenmasse sowie deutliche Erweichung des Fertigproduktes werden in der Literatur erwähnt [12].

Sorbitantristearat – E 492
STS gehört zur Gruppe der Sorbitan-Fettsäureester. Es entsteht durch Direktveresterung von Sorbitol und Fettsäuren wobei neben STS auch andere Sorbitan-Fettsäureester sowie nicht umgesetzte Ausgangsstoffe und weitere Nebenprodukte der Reaktion vorliegen. Ihren Emulgatorcharakter entwickelt die Substanz wiederum durch die lipophilen Fettsäurereste und den ausgeprägt hydrophilen Sorbitanrest [9]



Abbildung 5: Strukturformel Sorbitan-Tristearat

STS wird Schokolade in Anteilen von 0,4 - 1% zugesetzt. Es dient primär zur Vermeidung bzw. Verzögerung der Fettreifbildung und ruft einen starken Glanz der Produkte hervor. Die rheologischen Eigenschaften von Schokoladenmasse werden durch STS kaum beeinflusst.

Ziel

Handelsemulgatoren sollen hinsichtlich ihres oberflächenaktiven Potenzials in Schokoladenmasse untersucht und verglichen werden. Als verarbeitungstechnisch maßgebendes Merkmal wird hierfür die Veränderung des Fließverhaltens anhand der Parameter Viskosität und Fließgrenze herangezogen. Ausgehend von den Fließparametern emulgatorfreier Schokoladenmasse wird die Wirkung der einzelnen Emulgatoren bei unterschiedlichen Dosierungen gegenübergestellt. Durch Untersuchung gleichartiger Emulgatoren verschiedener Hersteller soll geprüft werden, inwieweit die Emulgatorwirkung durch Herstellungsbedingungen beeinflusst wird.

Summary

The article deals with standard commercial emulsifiers for use in chocolate and related products. Their general physical-chemical properties as well as known effects in melted and solidified chocolate are presented in part one available now. The subject will be continued in a following issue with the description and results of latest rheological investigations.

Literatur

[1] ”Verordnung über Kakao und Kakaoerzeugnisse vom 30.06.1975, zuletzt geändert durch Art. 14 der VO zur Neuordnung lebensmittelrechtlicher Vorschriften über Zusatzstoffe vom 29.01.1998,” .
[2] H. Schmitt, ”Lecithin- der Emulgator in der Schokoladenindustrie,” ZSW, vol. 48, pp. 310-312, 1995.
[3] W. v. Nieuwenhuyzen, ”Funktionalität von Lecithinen,” Fett/Lipid, vol. 99, pp. 10-14, 1997.
[4] A. Koutsonikolis, ”Natürlich und funktional,” Lebensmitteltechnik, pp. 44-46, 1998.
[5] H. P. Mollenhauer, Emulgatoren-ihre Wirkung in Lebensmitteln. Hamburg: Behr´s Verlag, 1983.
[6] G. Schuster and W. Adams, ”Emulgatoren als Zusatzstoffe für Lebensmittel, Teil 1 und 3,” ZFL, vol. 30, 33/34, pp. 57-64, 362-368/522-528/39-47/189-199, 1979, 1982/83.
[7] T. L. Harris, ”Surface-active lipids in Chocolate,” S.C.I. Monograph, vol. 32, pp. 108-121, 1968.
[8] H. J. Fiebig, ”Phospholipide-Begriffe,” Fett/Lipid, vol. 99, pp. 338-339, 1997.
[9] G. Schuster, Emulgatoren in Lebensmitteln, 1985.
[10] A. Fincke, Handbuch der Kakaoerzeugnisse, 2 ed. Berlin-Heidelberg-New York, 1965.
[11] C. Sondergaard, ”Emulsifiers for stabilizing chocolate and related products,” Grindsted Products, Denmark, Firmenschrift.
[12] M. Weyland, ”Functional Effects of Emulsifiers in Chocolate,” presented at 48th P.M.C.A. Production Conference, 1994.
[13] J. Tuma, ”Probleme der Erniedrigung der Viskosität und Fließfähigkeit von Schokoladenglasuren mit amphiphilen Stoffen,” Listy cukrovarnicke, vol. 98, pp. 231-240, 1982.
[14] D. Weipert, H.-D. Tscheuschner, and E. Windhab, Rheologie der Lebensmittel. Hamburg, 1993.
[15] L. Linke and A. Finke, ”Emulgatoren zur Schokoladenherstellung - Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für Forschungszwecke,” TU Dresden 1998.
[16] D. Hugelshofer, E. J. Windhab, and J. Wang, ”Surface Excess of Emulsifiers and Rheological Properties of a Concentrated Food Model Suspension,” presented at Food Rheology and Structure II, Zürich, 2000.
[17] B. W. Minifie, Chocolate, Cocoa, and Confectionery: Science and Technology, 2 ed. Westport, Connecticut: AVI Publishing Company, Inc., 1980.
[18] D. G. R. Howat, ”Ein neuer Emulgator für Schokolade,” RIC, vol. 25, pp. 58-60, 1970.
[19] I. Tralles, U. Kulow, and L. Linke, ”Untersuchungen zur Lagerstabilität von alkoholgefüllten Schokoladenartikeln,” Zucker- und Süßwarenwirtschaft, vol. 50, pp. 231-236, 1997.
[20] J. Holdgaard, ”Projektbericht zur Prüfung von Emulgator(gemischen) als Barriere gegen Alkoholpenetration,” Firma Palsgaard Industri A/S, Juelsminde/DK 1997.
[21] ”Viskosität von Schokolade - Bestimmung der Casson-Fließgrenze und der Casson-Viskosität,” Rev. Int. Choc., vol. 28, pp. 220-222, 1973.
[22] E. Windhab, ”Zur Rheologie konzentrierter Lebensmittelsuspensionen mit ausgeprägt scherinduziertem Strukturierungsverhalten,” presented at Tagung für Lebensmittelrheologie, Detmold, 1993.
[23] H.-D. Tscheuschner, ”Rheologische Eigenschaften von flüssiger Schokoladenmasse und ihre Einflussfaktoren,” Zucker- und Süßwarenwirtschaft, vol. 50, pp. 396-401, 1997.
[24] Referenzhandbuch Universal Software US 200; Stuttgart: Physica Messtechnik GmbH, 1999.

Teil II "Die experimentelle Untersuchung" in ZSW 5/2001


Autoren: Dipl.-Ing. Birgit Schantz, Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Linke, Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik, TU Dresden, Dipl.-Chem. Anja Setrdle, PD Dr. rer. nat. habil. Peter Köhler, Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, Gar

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