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Heft 05 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Wirkung handelsüblicher Emulgatoren auf die rheologischen Eigenschaften flüssiger Schokoladenmassen, Teil II

Die experimentelle Untersuchung


In Teil I dieses Beitrages (ZSW 4/2001) wurden die theoretischen Grundlagen dieser wissenschaftlichen Untersuchung dargelegt, die die Wirkung von Handelsemulgatoren auf die Rheologie von Schokoladenmassen beschreibt. In diesem Teil wird die experimentelle Untersuchung vorgestellt.


Für die Untersuchungen wurden eine dunkle Schokolade (Zartbitterkuvertüre, 34 % Gesamtfett, Bezeichnung: D) und eine Vollmilchschokolade (“Hochfein”, 31 % Gesamtfett, Bezeichnung: VM) emulgatorfrei hergestellt.
Für eine komplexe Übersicht zur Wirkung von Handelsemulgatoren in Schokolade kamen Präparate der zugelassenen Substanzklassen (s. Teil I) zur Anwendung. Zum Teil wurden Produkte verschiedener Hersteller verglichen.

Tabelle 1: Handelsemulgatoren

Emulgator / Bezeichnung
Sojarohlecithin-Hersteller 1 / L1
Hersteller 2 / L2
Entöltes Sojalecithin / UL
YN-Hersteller 1 / YN1
Hersteller 2 / YN2
PGPR-Hersteller 1 / P1
Hersteller 2 / P2
Hersteller 3 / P3
MD (niedriger Schmelzbereich) / MD
STS / STS

Probenherstellung
Zur Einarbeitung des Emulgators in aufgeschmolzene Schokoladenmasse wurden verschiedene labortechnische und manuelle Verfahren getestet. In die engere Auswahl einbezogen wurden jedoch nur Methoden, deren Dispergierleistung anhand der Fließeigenschaften der erzeugten Schokoladenmassen als effektiv eingestuft werden konnte. Hierzu wurde ein Toleranzbereich von 10 % für die Fließparameter nach Lecithinzugabe (Dosierung 0,4 % w/w) festgelegt.
Folgende Versuchsanordnungen erwiesen sich als prinzipiell geeignet:
- Laborrührwerk mit Blattrührer,
- Doppel-Z-Knetersystem Valorigraph,
- Relativ-Viskosimeter Rheosyst,
- manuelle Einarbeitung mittels Flachspatel.

Es überrascht, dass auch relativ geringe Mischintensitäten und -zeiten (manuelles Einrühren mittels Flachspatel) zum gleichen Ergebnis wie Verfahren mit höherer Scherbeanspruchung und längerer Dauer führen.

Wegen guter Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wurde daher die manuelle Einarbeitung (Rührzeit 120 s) für die Realisierung des Versuchsprogrammes ausgewählt.

Dosierung

Die Dosierung der Emulgatoren (siehe Tabelle 1) erfolgte gravimetrisch von 0,1 bis 0,6 %. Im Fall von PGPR wurde damit der zulässige Anteil (0,5 % lt. Kakaoverordnung [1]) in zum Verzehr bestimmten Schokoladenerzeugnissen geringfügig überschritten.

Die Rotationsrheometrie

Messgerät / Messregime

Durch Zugabe verschiedener Emulgatoren in eine einheitliche Schokoladenmasse bilden sich unterschiedlichste Fließcharakteristika aus, die z. T. von den Eigenschaften einer Standardschokolade erheblich abweichen und eine individuelle Gestaltung des Messablaufs erfordern. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist aber nur gewährleistet, wenn alle Versuchssubstanzen unter identischen Bedingungen, das heißt, mit dem gleichen Messsystem und -regime bewertet werden.

Für die rheologische Untersuchung wurden das Rotationsviskosimeter PHYSICA-UM sowie ein Z3-DIN-Messsystem genutzt. Die Messungen fanden entsprechend der OICCC-Vorschrift bei 40 °C im schergefällegesteuerten Modus mit Vorscheren und abnehmendem Schergefälle statt. Dunkle Schokoladenmassen wurden im Bereich 200 bis 0,1 s-1 bewertet. Bei Vollmilchschokoladen erwies sich wegen starker Gleiteffekte bei Massen mit geringem Emulgatorgehalt ein Anfangsschergefälle von lediglich 150 s-1 als praktikabel.

Die Schergefällesteuerung wurde gewählt, weil alle gängigen Auswertemethoden auf diesen Modus zurückgreifen, auch unterschiedlich fließende Massen einer einheitlichen Deformation unterworfen werden und ein Abreißen der Strömung im Bereich hoher Schergefälle zwar in der grafischen Darstellung der Fließkurve sichtbar wird, aber nicht zum Abbruch der Messung führt. Eine relativ hohe Messpunktdichte ermöglichte das Erkennen von Phänomenen im oberen Schergefällebereich (“Abreißen”) sowie die exakte Aufzeichnung des mit der Fließgrenze in Zusammenhang stehenden Knickpunktes im unteren Bereich der Fließkurve (s. Abb. 6). Durch die Wahl eines geeigneten Zeitregimes konnte Deckungsgleichheit mit stufenweisen Messungen geringerer Messpunktdichte erreicht und somit die Eignung der Methode für die Ermittlung rheologischer Absolutwerte nachgewiesen werden.

Die derart aufgezeichneten Fließkurven ermöglichten sowohl über die Anwendung mathematischer Auswertemodelle als auch durch direkte Messwertübernahme die Bestimmung der stoffspezifischen Parameter Viskosität und Fließgrenze.

Die Auswertung

Die derzeit für Schokoladenmassen gebräuchliche Auswertevorschrift nach CASSON [21] betrachtet nur einen eingeschränkten Schergefällebereich der Fließkurve (5 bis 60 s-1) und liefert demzufolge lediglich interpolierte Ergebnisse. Das hat den Vorteil, dass Anomalien außerhalb dieses Bereiches, wie der ausgeprägte Knickpunkt am Übergang vom Gleiten zum Scherfließen bei schwerfließenden Schokoladen nicht zur Verfälschung der Kennzahlen führen.

Während die CASSON-Auswertung auch für Schokoladen mittlerer Konsistenz realistische Werte liefert, versagt sie bei der Analyse leichtfließender Massen und kommt daher für die vorliegende Aufgabenstellung nicht in Betracht.

Die Einbeziehung des kompletten Schergefällebereiches der Fließkurve (0,1 bis 200 s-1) sowie die Auswertung mittels CASSON general ergibt nur für Standardschokoladen zuverlässige Ergebnisse.

Als alternative Auswertemethoden bieten sich Modelle an, die durch höhere Parameteranzahl besseres Regressionsvermögen besitzen [22, 23]. So leistet das Modell nach TSCHEUSCHNER für unterschiedlichste Schokoladenmassen eine optimale Anpassung an reale Werte. Ungünstig wirkt sich jedoch die Berücksichtigung von Messwerten außerhalb des Scherfließbereichs aus. So wird z. B. der Bereich unterhalb des Knickpunktes schwerfließender Massen in die Modellbildung einbezogen und eine unrealistisch niedrige Fließgrenze suggeriert.

Für die vorliegende Aufgabenstellung wurden die Fließparameter der mit Emulgator versetzten Schokoladenmassen durch Direktmessung ermittelt. Als Wert für die Fließgrenze diente die Schubspannung bei einem Schergefälle von 0,1 s-1, als Gleichgewichtsviskosität der Viskositätswert bei 200 s-1 (D) bzw. 150s-1 (VM). Diese Methode liefert für Standardschokoladen realistische Ergebnisse. Für die Ermittlung der Fließgrenze schwerfließender Massen, die einen deutlichen Knickpunkt im Fließkurvenverlauf zeigen (in der Regel bei Emulgatorgehalten unter 0,2%; siehe Abb. 6), machte sich eine Knickpunktauswertung erforderlich [24]. Hierbei wird die Knickpunktspannung als Fließgrenze ausgewiesen.



Abbildung 6: Fließ- und Viskositätskurve schwerfließender dunkler Schokolade mit ausgeprägtem “Knickpunkt” bei g > 0,1 s-1

Ergebnisse

Handelsemulgatoren

Die Abbildungen 7 bis 10 stellen die Fließparameter der mit handelsüblichen Emulgatoren versetzten Schokoladenmassen einer emulgatorfreien Vergleichsprobe gegenüber.

Beide Schokoladenmassen zeigen qualitativ analoge Wirkungen jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Viskosität und Fließgrenze werden bei Vollmilchschokolade wegen der höheren Ausgangswerte infolge des niedrigeren Fettgehaltes stärker erniedrigt.



Abbildungen 7: Wirkung von Handelsemulgatoren auf die Viskosität dunkler Schokolade.



Abbildung 8: Wirkung von Handelsemulgatoren auf die Fließgrenze dunkler Schokolade.



Abbildung 9: Wirkung von Handelsemulgatoren auf die Viskosität von Vollmilchschokolade.



Abbildung 10: Wirkung von Handelsemulgatoren auf die Fließgrenze von Vollmilchschokolade.

Lecithine senken die Viskosität im Zugabebereich bis 0,5% am stärksten; ihr Wirkungsoptimum zeigt sich deutlich durch Fließgrenzenanstieg bei Dosierungen über 0,4%. Die von verschiedenen Herstellern bezogenen Lecithinpräparate erweisen sich als unterschiedlich wirksam, indem L1 im Bereich niedriger Dosierung insbesondere die Fließgrenze stärker senkt als L2. Bei UL liegt die optimale Zugabemenge infolge des höheren Wirkstoffgehaltes und der abweichenden Phospholipidanteile bereits bei ca. 0,2 %; Überdosierung führt zu gravierendem Fließgrenzenanstieg.

YN-Präparate sind bei Zimmertemperatur von schmalzartiger Konsistenz und neigen zur Separation öliger Komponenten an der Oberfläche. Sie müssen daher vor Verwendung aufgeschmolzen und homogenisiert werden.

Die Produkte unterschiedlicher Hersteller zeigen recht einheitliche Merkmale. Sie erreichen niedrigere Viskositäten als Lecithin bei Dosierungen ab ca. 0,5 %. Ihre fließgrenzensenkende Wirkung im betrachteten Bereich ist geringer als die des Lecithins, wobei kein Zugabeoptimum existiert. Aus Reproduzierbarkeitstests geht hervor, dass sich die emulgierenden Eigenschaften von YN während der Lagerzeit verändern. So wurde nach mehrwöchiger Lagerung bei Temperaturen > 40 °C eine deutliche Verbesserung der Viskositäts- und Fließgrenzenreduktion festgestellt. Die chemischen Ursachen dieses Vorgangs sind nicht bekannt.

Die PGPR-Produkte liegen bei Dosierungen > 0,3 % innerhalb eines engen Wirkungsspektrums. Sie weisen vergleichsweise geringe viskositätssenkende Wirkung auf, während sie die Fließgrenze stark herabsetzen. Zugaben von mehr als 0,5 % ergeben nur noch eine minimale Verringerung der Fließparameter.

Aus der umfangreichen Palette der MD-Emulgatoren wurde ein Präparat mit einem für den Einsatz in Schokolade geeigneten Schmelzbereich ausgewählt. Es zeigt sich bei Applikation in Schokoladenmasse aber keinerlei Verbesserung der Fließeigenschaften, woraus geschlossen werden muss, dass dieser Emulgator in derartigen Stoffsystemen keine Oberflächenaktivität entwickelt.

STS wird in Bezug auf Schokolade insbesondere eine fettreifvermindernde Funktion nachgesagt. Es wirkt bei alleiniger Zugabe jedoch weder nennenswert viskositäts- noch fließgrenzensenkend. Im Bereich geringer Zusätze lässt sich für MD und STS eine deutliche Erhöhung der Fließgrenze von Vollmilchschokolade beobachten.

Summary

Several types of emulsifiers are tested for their effect on the rheological behavior of dark and milk chocolate mass. The influence of emulsifiers on viscosity and yield value is systematically determined by rotational rheometry at dosages of 0 ... 0,6 % w/w. Graph comparison enables users to estimate the efficacy of certain emulsifiers e.g. relating to lecithin.


Autoren: Dipl.-Ing. Birgit Schantz, Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Linke, Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrens-technik, Technische Universität Dresden, Bergstr. 120, 01069 Dresden, Telefon 0351 – 46 32 634, Fax 0351 – 46 37 126, E-Mail: schantz@ilb.

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