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Heft 06 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Biotechnologie im Überblick, Teil I

Fermentation von Lebensmitteln


Die Biotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Ihre Geschichte reicht Jahrtausende zurück.


In Babylonien und Ägypten wurde bereits vor 9000 Jahren Bier gebraut und im alten Testament ist erwähnt, dass Noah Wein herstellte. Im Mittelalter wurden Verfahren verfeinert. Dennoch verlief die für alkoholische Getränke notwendige Gärung spontan, also ungelenkt. Je nach Mikroorganismen erzeugten Winzer Wein oder Sauerwein, also Weinessig. 1864 entdeckte Ludwig Pasteur, dass Hefen für die Umwandlung von Alkohol zu Essig verantwortlich sind. Im 19. Jahrhundert gelang es, chemische Reaktionen mit Hefeextrakten, den sogenannten Fermenten, einzuleiten. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erzeugte man durch Mikroorganismen viele Stoffwechselprodukte wie Milch-, Essig- und Zitronensäure. Auch Backhefen wurden unter bereits keimarmen Bedingungen vermehrt und gewonnen. Heute ist der Begriff “Biotechnologie” mit der Fermentation von Lebensmitteln, Umwelttechnik, der Gentechnologie und der Gewinnung von Arzneistoffen verbunden.

Die Bioverfahrenstechnik

Bioreaktoren werden auch Fermenter genannt. In geschlossenen Edelstahltanks werden Mikroorganismen in speziellen Nährlösungen unter sterilen Verhältnissen vermehrt. Dazu müssen die Tanks gereinigt und mit Dampf sterilisiert werden. Die Keime erhalten über spezielle Armaturen Sterilluft und Nährstoffe.
Zur Herstellung von Lebensmitteln wie Brot, Bier, Wein, Pharmazeutika (Insulin) und Stoffwechselprodukten wie Enzymen sind Mikroorganismen unerlässlich.

Sie können nicht einfach in einem offenen Gefäß gezüchtet werden, da sonst Fremdkeime, die Vermehrung der erwünschten Mikroorganismen beeinträchtigen oder gar gänzlich verhindern würden und störende Stoffwechselprodukte entstehen könnten.

Die Bebrütung erfolgt in zylindrischen, stehenden Edelstahltanks. Die Materialauswahl und -beschaffenheit sowie die Werkstoffoberfläche sind von entscheidender Bedeutung für einen reibungslosen Dauerbetrieb. Dadurch ergeben sich hohe Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit und die Oberflächengüte der verwendeten Chrom-Nickel-Stähle, die in der Regel eine Rauhigkeit von unter 0,6 µm aufweisen. Gleichzeitig muss die Konstruktion der Armaturen, Tanks und Rohrleitungen so erfolgen, dass keine Ecken und Todräume auftreten. Sie führen zu Spontaninfektionen. Immer wieder werden Schmutz und sich vermehrende Keime in den Produktstrom eingebracht.



Gärtassenbehälter: Auf den einzelnen Ebenen wachsen auf der Nährlösung die Keime und geben Stoff-wechselprodukte an die kaskadenförmig durchlaufende Flüssigkeit ab.

Reinigen und Sterilisieren

Der Ausdruck “steril” meint in der Regel eine Keimzahl, die unter der Nachweisgrenze liegt. Da es “null” Keime nicht gibt, muss man durch die Reinigung und Sterilisation einen so hohen Grad der Keimzahlentfernung und -abtötung erreichen, dass im Tank eben keine lebenden Mikroorganismen und vor allem kein keimungsfähigen Sporen vorhanden sind, die den Tankinhalt biologisch verderben können.

Die Keimabtötung verhindert eine Reihe von Nachteilen:
• Fremdorganismen verbrauchen Nährstoffe und vermindern die Ausbeute.
• Das Wachstum der Zuchtkeime kann unterdrückt werden.
• Die gewünschten Mikroorganismen wie Starterkulturen können kontaminiert werden.
• Stoffwechselprodukte der Fremdkeime verschlechtern die Abtrennung der Zielsubstanzen oder sind gar giftig.

Scale-up: Darunter versteht man das stufenweise Vergrößern von Fermentationsanlagen.

Fermentationsprozesse werden in der Regel in drei Stufen entwickelt:

- Im Labor werden zunächst wenige Keime in kleinen Gefäßen wie Erlenmeyerkolben, Schrägröhrchen oder Petrischalen zu einer Stammkultur gezüchtet.
- In Pilotanlagen werden alle verfahrenstechnischen Parameter für die Mikroorganismen-Kultivierung perfektioniert. Die Fermenter weisen eine Größe von fünf bis etwa 1000 Litern auf.
- In der Produktion sind die Volumina der Bioreaktoren wesentlich größer. Die Fermentationsbedingungen werden zunächst von den Ergebnissen der Technikum-Versuche bestimmt und im weiteren Produktionsverlauf verfeinert.

Die Fermentationstechnik

Viele Lebensmittel werden mit Starterkulturen, das sind reine Bakterienstämme, versetzt und dann bebrütet bzw. fermentiert. Dazu müssen sie erst in Bioreaktoren hergestellt werden. Eine Besonderheit der Bioreaktoren ist die Tatsache, dass man nicht einfach im großen Tank mit der Keimvermehrung anfangen kann.

Fermentationsbedingungen sind nicht vom Labor- zum Produktionsfermenter linear übertragbar. Die Verhältnisse im Produktionsmaßstab lassen sich also nicht “vorhersehen” oder detailliert berechnen.

Fermenter-Bauarten

Es existieren verschiedene Grundtypen von Bioreaktoren. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Oberflächenkulturen und Submers-Verfahren, also dem Vermehren in einer Nährlösung.

Beim Oberflächenverfahren werden die Mikroorganismen auf den Oberflächen fester, halbfester oder flüssiger Substrate gezüchtet. Mit der Zeit vermehren sich die Keime und es entsteht eine Art Haut auf der Oberfläche, die man bei Pilzen als Mycel bezeichnet. Die ausgeschiedenen Stoffwechselprodukte reichern sich im Substrat an oder bleiben im Keim. Aufgrund mangelnder Durchmischung lässt die Ausbeute zu wünschen übrig.



Von der Kolonie zum Großfermenter (Quelle: Fonds der chemischen Industrie)

CIP-Reinigung: Dabei wird eine alkalische Reinigungslösung durch Pumpen über den Produktionsweg zu Sprühköpfen im Tankinnenraum gefördert, die wie eine Art Brause den Tank reinigen. Es handelt sich um einen Kreislaufreinigung.

Beim Submersverfahren dienen geschlossene zylindrische Tanks zur Züchtung der Mikroorganismen. Starterkulturen für die Rohwurstreifung werden beispielsweise chargenweise im Rührkessel vermehrt. In den Bioreaktoren sollen für die Zellen optimale Bedingungen geschaffen werden.

Deshalb wird vor Beginn der Fermentation der Tank mit seinen Anschlüssen über einen CIP-Kreislauf gereinigt. Nach dem Spülen wird mit Dampf sterilisiert, um noch übrige Keime abzutöten. Dann wird der Tank mit der Nährlösung befüllt und es erfolgt nochmals eine Sterilisation bei 123 bis 126 °C für 20 bis 30 Minuten, um alle vorhandene Sporen abzutöten.

Nach Abkühlung wird die Nährlösung mit einer Reinkultur, also einheitlich gezüchteten Mikroorganismen, beimpft. Die Mikroorganismen vermehren sich innerhalb der Flüssigkeit unter ständigem Rühren. Dazu müssen sämtliche Parameter überwacht und im für die Mikroorganismen optimalen Bereich gehalten werden.

Zu diesen Bedingungen gehören Temperatur, pH-Wert, Nährstoffgehalt, eine gleichmäßige Durchmischung und Sauerstoffkonzentration der Nährlösung.

Die Temperatur wird durch Heizung oder Kühlung konstant gehalten. Die Wärmeabführung ist wichtig, denn es entstehen durch die Stoffwechseltätigkeit der Mikroorganismen enorm hohe Wärmemengen. Die Einstellung des pH-Wertes geschieht durch Säure- oder Laugezugabe.

Verbrauchte Nährstoffe werden durch Zuführung neuer Nährlösung oder einzelner Nährstoffkomponenten ersetzt.

Das Durchmischen

Die Durchmischung der Flüssigkeit ist häufig ein schwieriges verfahrenstechnisches Problem. Aufgrund der entstehenden Biomasse, also der Zunahme der Zellzahl, steigt die Viskosität an. Das kann so weit gehen, dass durch schleimige Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen eine zähe Masse entsteht. Gleichzeitig sind Keime sehr empfindlich gegenüber Strömungs- und Scherkräften, so dass nicht einfach schneller gerührt werden kann, um eine Durchmischung zu gewährleisten. Das Rühren sorgt zudem für einen guten Wärmeübergang an den Wärmeaustauscherflächen und die gleichmäßige Verteilung der zugeführten Sterilluft. Statt Rührer können auch Pumpen zur Zirkulation der Nährlösung dienen.

Die Zuführung von Sauerstoff erfolgt in der Regel durch Sterillufteingabe über eine Vorrichtung im unteren Tankteil.
Eine andere Technik ist die Belüftung durch perforierte Rührer zur besseren Feinverteilung.
Aerobe Prozesse neigen wegen der in der Nährlösung enthaltenen Eiweiße zur unerwünschten Schaumbildung, die in gewissen Maße von selbst durch das “Blubbern” aufgrund der Sauerstoffzuführung entstehen. Die Schaumblasen werden beispielsweise durch Zumischung geringer Mengen Silikonöl zerstört.

Für alle diese Parameter ist ein gut funktionierendes Mess-, Regel- und Steuerungssystem wichtig, da schon relativ gering scheinende Abweichungen eine enorme Verringerung der Zellteilungsrate und damit des Ertrags nach sich ziehen können.
Manchmal findet die Substratumsetzung auch in einem sogenannten Festbettreaktor statt. Die Mikroorganismen werden im einfachsten Fall in einen perforierten Behälter untergebracht und die Nährlösung strömt über die Keime, wobei die biochemischen Reaktionen stattfinden.

Das klassische Beispiel für den Festbettreaktor ist die Essigherstellung. An der Oberfläche von Holzspänen oder anderen Materialien siedeln sich die Essigsäurebakterien an. Die alkoholhaltige Lösung oder der Wein rieselt bzw. tropft über das Festbett, wo die Umwandlung des Alkohols in Essig stattfindet.

Biotechnologie Teil II, Ein ganz besonderer Stoff, die Hefe in ZSW 7-8/2001


Autor: Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie Thomas Birus, Kulmbach

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