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Heft 07-08 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Biotechnologie im Überblick, Teil II

Ein ganz besonderer Stoff, die Hefe


Die moderne Lebensmitteltechnologie macht sich in vielen Bereichen die Biotechnologie zu Nutze. In Teil I, Die Fermentation von Lebensmitteln, wurde die Bioverfahrenstechnik und die Fermentation vorgestellt, hier geht es schwerpunktmäßig um Mikroorganismen.


Die Abtrennung und Reinigung von Bioprodukten (Downstream Processing genannt) ist sehr aufwendig.. Bedingt durch die besonderen Stoffeigenschaften wie Empfindlichkeit gegenüber Hitze und Scherkräften verlangt die Gewinnung biologischer Produkte viel Knowhow.

Gewinnung der Stoffwechselprodukte

Eine Möglichkeit, Stoffwechselprodukte kontinuierlich abzutrennen, ist die Dialyse. Eine selektive Membran lässt nur Stoffe mit einer gewissen Partikelgröße hindurch. Niedermolekulare Nährstoffe gelangen so zur Fermentationszone, wo Mikroorganismen diese beispielsweise zu Aminosäuren verstoffwechseln. Die Keime selbst können die Membran nicht passieren.

Zellen oder Zellreste müssen nach der Kultivierung aus der Nährlösung entfernt werden. Dazu lässt man die Mikroorganismen im Tank sedimentieren; anschließend wird der Überstand durch Filtration oder Zentrifugen von der Zellmasse befreit.

Die Anreicherung von Stoffwechselprodukten durch Extraktion ist ein weiteres Verfahren. Dabei werden die unterschiedlichen Löslichkeiten der Substanzen genutzt. So entfernen organische Lösungsmittel die fettlöslichen Bestandteile, wässrige Lösungen dagegen nutzt man zur Enzymgewinnung aus der Nährlösung. Die Ultrafiltration dient zur Aufkonzentrierung, bei der Eiweißfraktionen nach unterschiedlicher Molekülgröße abgetrennt werden.

Häufig verlangt der Anwender leicht lagerbare Produkte mit guten Verarbeitungseigenschaften. Zur Gewinnung reiner Kulturen dient die Gefriertrocknung, beispielsweise bei Starterkulturen für die Salamiherstellung.

Anwendungsbeispiele

Die wichtigsten biotechnologischen Produkte sind Mikroorganismen, beispielsweise Back- oder Bierhefe, Enzyme wie der Wirkstoff Chymosin des Milchgerinnungsenzym Lab und Stoffwechselprodukte wie Milchsäure und Vitamine.

Die Hefe hat eine überragende Bedeutung in der Lebensmittelproduktion. Bei der Herstellung von Bier, Wein und Brot ist die Hefe maßgeblich beteiligt. Heute wird Hefe fast ausschließlich auf Melasse, dem bei der Rüben- oder Rohrzuckergewinnung anfallenden Sirup, gezüchtet.

Die Melasse wird in Fermentern mit 50 bis 200 m3 Inhalt mit Impfkultur versetzt und ständig gut belüftet. Bei 30 bis 33 °C dauert die Vermehrungsphase ca. 12 bis 15 Stunden. Währenddessen wächst die Zellzahl auf etwa das Zehnfache. Anschließend wird zentrifugiert und die Hefemasse als so genannte Hefesahne gewonnen. Nach erfolgter Kühlung kann die Hefe in einem Extruder als Strang gepresst werden. Ein zweites Verfahren sieht die Gewinnung als Trockenhefe in Pulverform vor. Die Trocknung erfolgt schonend mit der Wirbelschichttechnik, teilweise wird auch gefriergetrocknet.

Für Salami werden Lactobacillen und Streptokokken gezüchtet, aufgearbeitet und gefriergetrocknet. Diese Kulturen senken bei der Rohwurstreifung zügig den pH-Wert, verhindern so das Wachstum unerwünschter Keime und tragen zur Geschmacksbildung bei.

Ein zweiter großer Einsatzbereich von Starterkulturen sind gesäuerte Milchprodukte und Käse. Je nach gewünschtem Produkt wird eine Säuerungs- oder Schimmelpilzkultur zugegeben. Joghurt beispielsweise ist ein mit Streptococus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus hergestelltes Milcherzeugnis. Die Käsereifung ist einer der kompliziertesten biotechnologischen Prozesse. Zum Einsatz kommen beispielsweise Lactobacillus helveticus, L. lactis und L. casei, Streptococcus lactis und Str. cremoris und andere.

Speiseessig wird aus alkoholhaltigen Flüssigkeiten wie Wein gewonnen. Die Flüssigkeit wird mit Acetobacter-Arten beimpft und intensiv belüftet. Die Produktreinigung geschieht durch Filtration des Kulturmediums. Andere Gärungsprodukte sind Sauerkraut, saure Gurken und Oliven.



Tabelle: Auswahl biotechnisch verwendeter Mikroorganismen

Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen

Häufig werden Aminosäuren biotechnologisch gewonnen. Mononatrium-Glutamat spielt mengenmäßig die größte Rolle und ist als Geschmacksverstärker in vielen industriell erzeugten Nahrungsmitteln bekannt. Die gesamte Welt-Jahresproduktion lag Mitte der 90er Jahre bei über 350 000 Tonnen. Glutamat gleicht Aromaverluste, die aufgrund der Verarbeitung auftreten, aus.

Zitronensäure wird ausschließlich biotechnisch durch Fermentation von Melasse oder anderen zuckerhaltigen Flüssigkeiten, die mit Aspergillusarten versetzt sind, gewonnen. Die Weltproduktion beträgt etwa 500 000 Tonnen jährlich. Das produzierte Citrat wird mit Kalkmilch aus dem Medium gefällt. Die getrocknete Zitronensäure ist Bestandteil von Limonaden, Backwaren, Gummibärchen und anderen Süßigkeiten. Zitronensäure ist Geschmacksträger und besitzt wegen der gleichzeitigen pH-Wert-Senkung einen konservierenden Charakter.

Hydrokolloide
Darunter versteht man Stoffe, die Eigenschaften wie Wasserbindevermögen oder Emulgatorwirkung aufweisen und stabilisierende Wirkung bei Lebensmitteln besitzen. Backwaren, Eiskrem und mikrowellengeeignete Fertiggerichte sollen nach dem Herstellungsprozess noch optisch attraktiv aussehen. Hydrokolloide können die mechanischen und thermischen Belastungen, die während der Produktion auftreten, ausgleichen und vermitteln dem Verbraucher eine ansprechende Konsistenz. 1995 wurden in Europa etwa 250 000 Tonnen Hydrokolloide verarbeitet.

Eine andere wirtschaftlich bedeutsame Stoffgruppe sind mikrobiell erzeugte Hydrokolloide. Xanthan und Gellan - Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen - werden durch hochprozentigen Alkohol ausgefällt und anschließend aufwendig gereinigt sowie getrocknet. Xanthan hat die verblüffende Eigenschaft, beim Rühren, Pumpen, Schütteln oder anderen mechanischen Belastungen gut fließfähig zu werden. Mit Beenden der physikalischen Beanspruchung ”springt” Xanthan augenblicklich wieder in die ursprüngliche Viskosität zurück. Ketchup beispielsweise ist dann beim Ausgießen gewünscht fließfähig, hat aber beim Lagern in der Flasche eine feste Konsistenz, so dass sich kein Wasser auf der Oberfläche absetzt. Davon profitiert die Feinkostindustrie bei Produkten wie hochveredelten Instantsuppen, Feinschmeckerdressings oder Tiefkühlwaren. Ein anderes erst kürzlich zugelassenes Fermentationshydrokolloid mit hoher Gelierkraft ist Gellan. Verwendung findet es in Speiseeis, fruchthaltigen Backwaren oder Tiefkühlprodukten.


Autor: Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie Thomas Birus, Kulmbach

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