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Heft 11 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Der Einfluss von Emulgatoren auf das Kristallisationsverhalten

Fließeigenschaften der Schokolade ändern sich


Mit der Frage, wie Emulgatoren das Fließverhalten von Schokolade beeinflussen, beschäftigte sich ein Forschungsprojekt an der Technischen Universität Dresden.


Vor dem Abkühlen und Erstarren von Schokoladenprodukten wird flüssige Schokoladenmasse dem Verfahrensschritt der Vorkristallisation oder Temperierung unterzogen. Dieser Vorgang dient dem Erzielen einer definierten Kakaobutter-Kristallmodifikation, eines homogenen Gefüges und gleichmäßiger Kontraktion des Schokoladenartikels in der Form. Er hat somit grundlegende Bedeutung für die Produktqualität.

Vereinzelt werden Emulgatoren gezielt zur Modifizierung des Kristallgefüges von erstarrter Schokolade eingesetzt. Die betreffenden Präparate (z. B. Sorbitantristearat, Mono-Diglyceride) verursachen Änderungen des Erstarrungsverhaltens [1], beeinflussen die Fließeigenschaften von Schokoladenmasse jedoch kaum [2]. Andere Emulgatoren (z. B. Lecithin, YN, PGPR) dienen primär der Einstellung der Fließeigenschaften. Darüber hinaus zeigen diese Substanzen ebenfalls Einfluss auf den Kristallisationsvorgang [3, 4]. Es wurde jedoch bislang nicht geklärt, ob ausschließlich rheologische Faktoren für diesen Effekt verantwortlich sind oder ob parallel stoffliche Einflüsse auftreten. Im Rahmen eines AiF-Forschungsprojektes wurden daher Untersuchungen zum Einfluss verschiedener rheologisch wirksamer Emulgatoren auf Bildung und Wachstum von Kakaobutterkristallen in Schokoladenmasse vorgenommen.

Stationäre Vorkristallisation

Bei dieser klassischen Form der Vorkristallisation wird eine definierte Menge Probensubstanz bei intensiver Umwälzung einem gezielten Temperierregime unterzogen.
Kristallisations- und Schmelzvorgänge verursachen Änderungen in der Konsistenz der Masse und modifizieren somit das zur Aufrechterhaltung einer konstanten Drehzahl erforderliche Drehmoment. Mit Hilfe der Thermorheographie – zeitgleiche Erfassung und Aufzeichnung von externer und interner Temperatur sowie des Drehmomentes – können Kristallisationsvorgänge in Fettschmelzen überwacht und umfassend beurteilt werden [5]. Für die Klärung des Emulgatoreinflusses in Schokolademasse ist der Drehmomentverlauf als Funktion der Zeit mit seinen Parametern Keimbildungs- und Kristallisationszeit relevant. Für die folgenden Untersuchungen kam das Gerät Rheosyst 5000 (von Coesfeld) zum Einsatz. Die Abbildung 1 zeigt die drei Temperierstufen Adaptions-, Kühl- und Anwärmphase sowie den typischen Drehmomentverlauf am Beispiel einer dunklen Schokoladenmasse.


Abbildung 1: Thermorheogramm einer dunklen Schokoladenmasse

Das Versuchsmaterial

Es fanden emulgatorfreie dunkle (34 % Fett, Kurzbezeichnung D) und Vollmilchschokolade (31 % Fett, VM) Verwendung. Zur Klärung des Emulgatoreinflusses wurden jeweils zugesetzt:

Emulgator / Kurzbezeichnung
0,4% Soja-Rohlecithin / L
0,4% Ammoniumsalze von Phosphatidsäuren / YN
0,4% Polyglycerin- Polyrizinoleat (PGPR) / P

Für Untersuchungen zu Anwärmtemperatur und Festigkeit kam darüber hinaus ein Emulgatorgemisch aus 0,2 % Lecithin und 0,2 % PGPR (Kurzbezeichnung L/P) zum Einsatz.

Experimentelle Vorgehensweise

Modifizierte Fließeigenschaften von Fettschmelzen bzw. Suspensionen mit kontinuierlicher Fettphase verursachen im bewegten System zwangsläufig verändertes Kristallisationsverhalten, da sich bei gleicher Drehzahl je nach Massekonsistenz unterschiedliche Schergradienten ausbilden, was wiederum zur Veränderung der scherinduzierten Kristallkeimbildung sowie zu abweichenden internen Temperaturverhältnissen infolge Friktion führt.

Um den stofflichen Einfluss des Emulgators separat beurteilen zu können, müssen also rheologische Einflussfaktoren weitestgehend eliminiert werden. Im vorliegenden Projekt wurde zu diesem Zweck eine Angleichung des Drehmomentverlaufs realisiert, indem durch manuelle Regelung der Drehzahl bei der Kristallisation von YN- und P-Schokolade der Drehmomentverlauf an den der lecithinierten Schokolade angepasst wurde.

Versuchsbedingungen:
Bezugsdrehzahl (L): 150 min-1
Kühltemperatur D: 25 °C
Kühltemperatur VM: 24 °C
Max. Drehmoment: 40 Ncm

Der Vergleich der Kristallisationseigenschaften erfolgte anhand der Kenngrößen Keimbildungszeit und Dauer der Kühlphase. Außerdem erwies sich der qualitative Zustand erstarrter Schokolade in Abhängigkeit von der Anwärmtemperatur als aussagekräftiger Parameter. Er ergab sich aus der Entnahme von Probestücken bei stufenweiser Erhöhung der Endtemperatur der Schokoladenmasse und deren Bewertung im erstarrten Zustand hinsichtlich Oberflächengüte (Glanz, Schleier oder Agglomerate), Kontraktion (Ausformbarkeit) und Gefügestruktur. Die Beurteilung des Gesamteindruckes der Probestücke erfolgte durch Zuweisung eines Attributes der fünfteiligen Skala:
stark unterkristallisiert
unterkristallisiert
optimal
überkristallisiert
stark überkristallisiert

Festigkeitsuntersuchungen am Gerät Texture Analyser (von Stable Micro Systems) sowie sensorische Tests durch vergleichende Prüfung nach DIN 10954 gaben Aufschluss über Unterschiede im Materialverhalten sowie in den Verzehrsmerkmalen der erstarrten Schokoladen.

Ergebnisse

Durch die Anpassung der Drehmomentverläufe ergab sich eine Übereinstimmung der internen Temperaturen. Die Kristallisationszeiten blieben jedoch bei dunkler und Vollmilchschokolade für die einzelnen Emulgatoren unterschiedlich, wobei die durch den Milchfettanteil generell weniger temperiersensible Vollmilchschokolade geringere Abweichungen zeigte.

Es wird deutlich, dass Emulgatoren durch ihre oberflächenaktiven Eigenschaften eine Veränderung des Erstarrungsverhaltens von Schokoladenmasse hervorrufen.
Zur Überprüfung dieser Aussage wurde dunkle, emulgatorfreie Schokolade derart mit Kakaobutter aufgefettet, dass sie die Fließeigenschaften einer lecithinierten Schokolade aufwies und einem adäquaten Vorkristallisationsprozess unterzogen (Kurzbezeichnung KB).

Diese Masse kristallisierte bereits nach 40 min und somit deutlich schneller als Schokoladen mit Emulgatorzusatz (s. Abb. 2), wobei der von 34 auf 39 % erhöhte Fettgehalt als überlagernder Einflussfaktor berücksichtigt werden muss.



Abbildung 2: Dauer von Keimbildung und Kühlphase in Abhängigkeit vom Schokoladenemulgator

Zusammenfassend wird festgestellt, dass rheologisch wirksame Emulgatoren in Schokoladenmasse sowohl indirekt durch die Veränderung der Fließeigenschaften als auch unmittelbar durch ihre stofflichen Gegebenheiten den Prozess der Vorkristallisation beeinflussen können.
Diese experimentell gewonnene Erkenntnis wird durch Aussagen der Kristallisationstheorie gestützt. So ist erwiesen, dass Kristallisationsprozesse aus Schmelzen unter bestimmten Voraussetzungen bevorzugt an Gefäßwandungen oder Oberflächen disperser Teilchen (heterogene Keimbildung an Fremdphasen) beginnen [6].

Indem die Eigenschaften dieser Oberflächen durch die Belegung mit Emulgatoren verändert werden, ist auch die Wandlung des Erstarrungsverhaltens indiziert. Die Resultate unserer Untersuchungen sprechen dafür, dass der Einsatz rheologisch wirksamer Emulgatoren den Kristallisationsvorgang von Schokoladenmasse grundsätzlich hemmt.

Tendenziell bewirken Emulgatoren mit hohem viskositätssenkenden Potential eine stärkere Verzögerung der Kristallisation.



Abbildung 3: Optimale Anwärmtemperatur bei angepasstem Drehmoment

Die Abbildung 3 stellt den qualitativen Zustand in Abhängigkeit von der Anwärmtemperatur dar. Ein Zusammenhang zwischen verwendetem Emulgator und optimaler Anwärmtemperatur ist offensichtlich; er tritt wiederum bei dunkler Schokolade stärker in Erscheinung. YN und PGPR bewirken eine Erhöhung der Optimaltemperatur um ca. 1 °C. Der Bereich tolerierbarer Qualität ist bei Anwesenheit von PGPR deutlich reduziert, so dass bei der Wahl der Temperierbedingungen besondere Genauigkeit erforderlich ist.

Unter Anwendung der oben gefundenen optimalen Anwärmtemperaturen wurden für Festigkeits- und Sensorikuntersuchungen Schokoladenproben von annähernd übereinstimmender Kakaobutter-Kristallmodifikation (DSC) hergestellt. Bezüglich der Festigkeit (s. Abb. 4) ergab sich besonders für PGPR aber auch für die Kombination Lecithin/PGPR eine deutliche Zunahme der Bruchspannung. Die Aussagen zu sensorischen Eigenschaften waren bis auf die signifikante Feststellung einer zu weichen Textur der YN-Schokoladen unspezifisch.



Abbildung 4: Bruchfestigkeit

Schlussfolgerungen

Die Methode der Drehmomentanpassung ermöglicht durch weitgehendes Ausschalten scher- und temperaturbedingter Einflüsse den thermorheometrischen Vergleich des Kristallisationsvorganges in Schmelzen mit unterschiedlichem Fließverhalten.
Der Zusatz von PGPR zu Schokolade führt gegenüber den Emulgatoren Lecithin und YN zu beschleunigter Kristallisation. PGPR-Schokolade neigt infolgedessen bei Anwendung gleicher Kühltemperaturen zur Überkristallisation. Zur Herstellung optimaler Produkte sind daher höhere Anwärmtemperaturen erforderlich.
In weiteren Untersuchungen ist nachzuweisen, ob diese Erkenntnisse auch für kontinuierliche Vorkristallisationsanlagen Gültigkeit besitzen.

Summary

Besides determining rheological properties emulsifiers in chocolate mass influence the process of stationary precrystallization. This is caused by both changed flow behavior and the emulsifier substance itself. Compared with Lecithin and YN PGPR tends to faster crystal growth and could therefore be susceptible to over-crystallization.

Förderhinweis

Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln der industriellen Gemeinschaftsforschung (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie / AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI) gefördert. Projekt-Nr.: AiF-FV 11794 N Unser Dank gilt den Mitgliedern des projektbegleitenden Ausschusses für die konstruktive Zusammenarbeit und den beteiligten Unternehmen für die Bereitstellung von Versuchsmaterial.

Literaturverzeichnis

[1] M. Weyland, „Functional Effects of Emulsifiers in Chocolate,“ presented at 48th P.M.C.A. Production Conference, 1994.
[2] B. Schantz, L. Linke, A. Setrdle, and P. Köhler, „Zur Wirkung handelsüblicher Emulgatoren auf die rheologischen Eigenschaften flüssiger Schokoladenmassen I, II,“ Zucker- und Süßwarenwirtschaft, vol. 54, pp. 30-32, 36-38, 2001.
[3] G. Schuster, Emulgatoren in Lebensmitteln. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, Akademie Verlag, 1985.
[4] I. Tralles, U. Kulow, and L. Linke, „Untersuchungen zur Lagerstabilität von alkoholgefüllten Schokoladenartikeln,“ Zucker- und Süßwarenwirtschaft, vol. 50, pp. 231-236, 1997.
[5] W. Baenitz, „Charakterisierung der Erstarrungseigenschaften von Fetten und deren Zubereitung nach dem T.R.G.- Verfahren,“ presented at Tagung für Lebensmittelrheologie, Detmold, 1984.
[6] W. Kleber, Einführung in die Kristallographie. Berlin: VEB Verlag Technik, 1977.


Autoren: Dipl.-Ing. Birgit Schantz, Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Linke, Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik, TU Dresden

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