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Heft 12 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Der Einfluss von Emulgatoren auf Schokoladen

Messmethoden für Erstarrung und Kontraktion


Ein Forschungsprojekt an der Technischen Universität Dresden hatte zum Ziel herauszufinden, wie Emulgatoren das Erstarrungsverhalten von Schokolade beeinflussen: Hier die Ergebnisse.


Emulgatoren sind in der Lage, das Kristallisationsverhalten von Schokoladen während der Vorkristallisation (Temperierung) zu verändern. Dieser Effekt ist auf das komplexe Zusammenwirken stofflicher und rheologischer Faktoren zurückzuführen [1, 2]. Es liegt nahe, weitere Verarbeitungsschritte, die von Kristallisationsvorgängen dominiert werden, auf Emulgatoreinfluss zu untersuchen.

An die Vorkristallisation schließt sich im Allgemeinen das Füllen von Formen, Rütteln und Kühlen an. Während der Kristallisationsvorgang für die ersten beiden Prozesse von untergeordneter Bedeutung ist, prägt er die Kühl- bzw. Erstarrungsphase wesentlich. Aus verfahrenstechnischer und wirtschaftlicher Sicht stellt sich die Frage, ob durch Emulgatoreinsatz die Erstarrungskinetik sowie das Kontraktionsvermögen von vorkristallisierter Schokolade modifiziert werden.

Versuchsmaterial

In Analogie zu vorangegangenen Untersuchungen [2, 3] fanden emulgatorfreie dunkle (34 % Fett, Kurzbezeichnung D) und Vollmilchschokolade (31 % Fett, VM) Verwendung.

Zur Klärung des Emulgatoreinflusses wurden jeweils zugesetzt:
Emulgator / Bezeichnung
0,4% Lecithin / L
0,4% Ammoniumphosphatid / YN
0,2% Lecithin + 0,2% PGPR / L/P
0,4% Polyglycerin-Polyrizinoleat (PGPR) / P

Die Vorkristallisation der Schokoladenproben erfolgte in einem Aasted-Laborkristallisator. Erstarrungsmessungen schlossen sich unverzüglich an.

Experimentelle Vorgehensweise

Messmethode: Da die durch Vorkristallisation entstandenen Kristallkeime äußerst empfindlich auf Temperaturschwankungen und mechanische Kräfte reagieren und selbst bei konstanten äußeren Bedingungen zu spontanem Wachstum neigen, ist es praktisch nicht möglich, vorkristallisierte Schokolade für längere Zeit in stabilem Zustand zu halten.
Die Erfassung von Materialeigenschaften zur Bewertung des Emulgatoreinflusses ist nur dann hinreichend reproduzierbar, wenn
• die thermische und mechanische Vorbehandlung der Schokoladen stets in gleicher Weise erfolgt;
• ein Messverfahren mit geringem Beanspruchungsgrad gewählt wird;
• identische Randbedingungen (Temperatur, Vorbereitungs- und Messzeit...) während der Messung eingehalten werden.

Mit Hilfe oszillationsrheometrischer Methoden können diese Voraussetzungen erfüllt werden, sofern die Schokolade innerhalb des linear-viskoelastischen Bereiches beansprucht wird. Die Messung von Materialeigenschaften an der quasi ruhenden Substanz entspricht den realen Verhältnissen beim Kühlen von Schokoladenprodukten.

Messgerät: Die Problematik wurde mit Hilfe eines kombinierten Rotations-/Oszillationsrheometers (Modell MCR 300, Physica) bearbeitet. Für die Analysen wurde ein unprofiliertes Platte-Platte-Messsystem gewählt, da es geringe Probenmengen erfordert, Mehrfachmessungen erleichtert und über Peltier-Thermostatisierung verfügt.



Abbildung 1: Messanordnung für Oszillationsrheometrie von Schokolade.

Messregime: Zur Eingrenzung des linear-viskoelastischen Bereiches waren umfangreiche Vorversuche erforderlich. Beste Reproduzierbarkeit bei vertretbarer Messdauer wurde bei einem Plattenabstand von 1 mm, einer Deformation von g = 0,05 % und einer Kreisfrequenz von w = 10 s -1 erreicht. Die Beanspruchung wurde so gering gewählt, dass selbst Schokoladenmassen mit minimaler Fließgrenze keine Strukturzerstörung erfuhren und Feststoffeigenschaften gegenüber viskosen Eigenschaften überwogen.
Kühlregime: Nach Festlegung der rheologischen Messmethode musste ein Kühlregime gefunden werden, das
• von der Temperiertechnik des Messgerätes zu realisieren ist;
• für die Aufzeichnung von Erstarrungskinetiken geeignet ist;
• sich an tatsächlichen Temperaturverhältnissen im Kühltunnel orientiert.

Mit Hilfe der Peltier-Thermostatisierung sind Temperaturänderungen extrem schnell realisierbar. Limitierendes Kriterium ist daher das Vermögen der Probensubstanz, dieser Temperaturänderung zu folgen.



Abbildung 2: Temperaturprofil zur Erfassung der Erstarrungskinetik vorkristallisierter Schokolade.

Aus Vorversuchen mit verschiedenen Schokoladen wurde eine mögliche Kühlrate von durchschnittlich 1 Kmin -1 für Schichtdicken von 1 mm ermittelt. Um Stationarität am Messpunkt zu sichern, kam im Projekt ein Kühlgradient von 0,5 Kmin -1 zur Anwendung.
In Vereinfachung der Gegebenheiten im großtechnischen Kühltunnel wurde ein lineares Temperaturprofil gewählt. Zur Restrukturierung der Masse nach der Probennahme und zur Einstellung der Starttemperatur begann jede Messung mit einem 5-minütigen isothermen Abschnitt.

Messgrößen: Mit Hilfe der beschriebenen Methode wurden die Verläufe von Speicher- und Verlustmodul aufgezeichnet. Die Verfestigung der Schokolade zeigt sich im Diagramm als scharfer Anstieg der Moduli.
Die Funktion des Verlustfaktors tan d fällt nach einem Maximum abrupt ab, eignet sich wegen ihres unspezifischen Verlaufes jedoch nicht für die Auswertung. Als Erstarrungszeit wurde der Wert am höchsten gemeinsamen Speichermodul vor Verlassen des Messbereiches definiert.

Mit dem Erstarren der Schokolade geht eine technologisch erwünschte Volumenkontraktion einher, die für die Ausformbarkeit von Schokoladenartikeln von entscheidender Bedeutung ist. Neben der Geschwindigkeit der Verfestigung ist somit für den Anwender das Kontraktionsvermögen einer Schokolade von Interesse.

Das beschriebene Messverfahren wurde daher derart gestaltet, dass der Kontraktionsvorgang parallel zur Oszillationsmessung erfasst werden konnte. Durch die Normalkraft-Vorgabe FN = 0 realisierte das Messgerät eine Nachregelung des Plattenabstandes entsprechend der Probenkontraktion.
Eine Kontraktion in radialer Richtung fand bei der gewählten Versuchsanordnung nicht statt. Der Spaltabstand am Ende des Erstarrungsvorganges kann somit als geeignetes Maß für das Kontraktionsvermögen der Schokolade dienen.



Abbildung 3: Erstarrungsvorgang im Oszillationsrheogramm

Ergebnisse

Die oszillationsrheometrische Messmethode erwies sich für das sensible Medium vorkristallisierte Schokoladenmasse als geeignet. Infolge weitgehend identischer Versuchsbedingungen ergaben Wiederholungsmessungen nur geringe Streuung. Durch Auswertung eines aus sechs Einzelmessungen gemittelten Kurvenverlaufes gewinnen die Aussagen hinreichende statistische Sicherheit. Abbildung 4 stellt die Erstarrungszeitpunkte gegenüber.



Abbildung 4: Erstarrungszeitpunkte dunkler und Vollmilchschokolade bei Variation des Emulgators.

Die Verfestigung der Massen erfolgte für alle Emulgatoren trotz unterschiedlicher Anfangsniveaus der Moduli in einem engen Zeitintervall. Vollmilchschokolade zeigt gegenüber milchfreier Masse geringfügige Erstarrungsverzögerung. Deutliche und reproduzierbare Abweichungen ergeben sich für YN, das offensichtlich eine Verlangsamung des Erstarrungsvorganges bewirkt. Diese bereits für das Wachstum von Kakaobutterkristallen im Rahmen der Vorkristallisation festgestellte Tendenz bestätigt sich somit auch für die Fortsetzung des Erstarrungsprozesses beim Erhärten der Schokoladenprodukte.

Die in Abbildung 5 zusammengestellten Kontraktionsverläufe veranschaulichen die stärkere Volumenreduzierung dunkler Schokolade infolge des höheren Kakaobuttergehaltes (34 %) gegenüber Vollmilchschokolade (25 %). Sie zeigen außerdem, dass nach 30-minütiger Abkühlphase (Messdauer 35 min) der Spaltabstand annähernd konstant bleibt und der Kontraktionsvorgang somit im Wesentlichen abgeschlossen ist. Die mehrere Tage andauernde Nachkristallisation ist bezüglich der Kontraktionseigenschaften einer Schokolade technologisch uninteressant und wird hier nicht berücksichtigt.



Abbildung 5: Kontraktion von Schokolade beim Erstarren.

Um die Eignung und Genauigkeit der Messmethode zu beurteilen, wurden die hier aufgezeichneten Werte mit Angaben aus einschlägiger Literatur verglichen. Während zahlreiche Quellen die Thematik qualitativ beschreiben, konnten Zahlenwerte nur bei FINCKE [4], der die Volumenkontraktion von reiner Kakaobutter mit ca. 7,6 % angibt, gefunden werden.

Die Probenform der im vorliegenden Projekt praktizierten Messungen entspricht einem Kreiszylinder und hat demzufolge ein Ausgangsvolumen V von



mit
r....Plattendurchmesser,
d....Spaltabstand zu Beginn der Messung.

Kontraktionen in radialer Richtung finden bei der betrachteten Messanordnung nur im unmittelbaren Randbereich statt und werden hier nicht berücksichtigt. Das Endvolumen V2 der Probe berechnet sich analog (1):



mit
d2...Spaltabstand am Ende der Messung.

Die prozentuale Volumenkontraktion k wird durch



ermittelt.

Durch die Annahme r = konstant ist die Volumenkontraktion im vorliegenden Fall der Abnahme des Spaltabstandes äquivalent, so dass sich die Rechnung auf



reduziert.

Für die untersuchten Vollmilchschokoladen beträgt d2 durchschnittlich 0,978 mm und die Volumenkontraktion somit 2,2 %.
Dunkle Schokoladen führen im Mittel zu d2 von 0,965 mm, was einer Volumenkontraktion von 3,5 % entspricht.

Bezieht man diese Ergebnisse auf den Kakaobuttergehalt der verwendeten Schokoladen, ergeben sich Kakaobutterkontraktionen von 8,8 % (VM) bzw. 10,3 % (D).

Diese Werte liegen in einem Toleranzbereich, der für unterschiedliche Kakaobuttertypen durchaus zu akzeptieren ist. Berücksichtigt man ferner, dass der Milchfettanteil in Vollmilchschokolade ebenfalls einer Kontraktion bei der Erstarrung unterliegt, nähert sich der für VM ermittelte Wert weiter an die von FINCKE errechnete Größenordnung an.

Ein geringer, aber reproduzierbarer Emulgatoreinfluss auf die Kontraktionseigenschaften von Schokolade wird durch die vorliegenden Untersuchungen nachgewiesen. Insbesondere bei dunkler Schokolade zeigt sich, dass der Zusatz von PGPR eine Verringerung des Kontraktionsvermögens bewirkt, Lecithin sowie die Lecithin/PGPR-Kombination mittlere Werte aufweisen und YN zu stärkerer Volumenreduktion führt.

Summary

The solidification behaviour of precrystallized chocolate with reference to the emulsifiers Lecithin, YN and PGPR was investigated. For this purpose a new test-method based on oscillation-measurement at rest in combination with normal force setting had to be established.
Although the emulsifiers caused only minor differences in solidification kinetics and volume contraction, the differences between dark and milk chocolate were obvious.

Literaturverzeichnis

[1] G. L. Hasenhuettl and R. W. Hartel, Food Emulsifiers and Their Applications. New York: Chapmann & Hall, 1997.
[2] B. Schantz und L. Linke, „Der Einfluss von Emulgatoren auf das Kristallisationsverhalten – Fließeigenschaften der Schokolade ändern sich,“ Zucker- und Süßwarenwirtschaft, vol. 54, 11/2001.
[3] L. Linke, P. Köhler, B. Schantz, und A. Stredle, „Zusammenhänge zwischen Struktur und funktionellen Eigenschaften von Emulgatoren zur Schokoladenherstellung,“ Technical University/DFA, Dresden/Munich, Final Report AiF-FV 11794 B 2001.
[4] A. Fincke, Handbuch der Kakaoerzeugnisse, 2 ed. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag, 1965.


Autoren: Dipl.-Ing. Birgit Schantz, Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Linke, Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik, TU Dresden

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