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Heft 12 / 2001 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Die Schokoladenfabrik der Zukunft

Neue Wege suchen, finden und gehen


Was in anderen Branchen schon längst gang und gäbe ist, das Zusammenstellen einer Anlage aus einzelnen Modulen verschiedener Hersteller, ist in der Schokoladenbranche ein Novum. Eine Einformanlage wird bei einem Technikspezialisten bestellt und von diesem aus einer Hand geliefert. Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein neuer Weg nicht für die Schokoladenproduzenten viel besser wäre: Das Komponieren einer Anlage aus Modulen verschiedener Hersteller.


Einformanlagen gehören zu den spektakulären Dingen der Schokoladenbranche. Ihre Entwicklung spiegelt den Fortschritt im Denken der Ingenieure in Sachen Maschinenbau, Elektrotechnik und Verfahrenstechnik wider – bereichert um jeweils aktuelle Tendenzen.

Modularität einer Anlage bedeutet nun für das Arbeitsgebiet einen innovativen Einschnitt. Denn nicht nur das mechanische Aneinanderreihen von Maschinen ist gemeint, sondern eine Auflösung und Neuorientierung des technischen Denkansatzes.

Modularität soll dem Betreiber möglichst viel Freiheit bei der räumlichen, technologischen und herstellerbezogenen Zusammensetzung seines Produktionsmittels geben:
• Einformanlagen müssen in Zukunft nicht mehr rechtwinklig aufgebaut werden.
• Sie können schnell neuen Produkten angepasst werden, denn einfach kann eine Anlage auseinandergenommen werden und eine neue Strecke hinzugefügt werden.
• Sie sind aus Elementen verschiedener Hersteller zusammensetzbar. Dadurch hat der Betreiber die Möglichkeit, seine Anlage jedem Produkt effektiv anzupassen.

Reife der Funktionsgruppen

Die Erfahrung beweist, dass Einformanlagen kundenspezifisch gebaut werden. Die Wünsche des Kunden nach angepassten Konstruktions- und Sonderlösungen haben stets Priorität – allerdings steigen seit einiger Zeit auch die Anforderungen an Betriebssicherheit und Dokumentation. Dies führt bei integrierten Einmal-Lösungen für einen Kunden zu steigenden Kosten. Denn der Technikhersteller muss eine Sonderlösung entwickeln. Diese Kosten werden die Investitionssumme des Kunden erhöhen.

Würde jedoch eine Einformanlage – wie ansatzweise schon geschehen – mehrere Spezialisten mit ihren Maschinen und ihrem besonderen Knowhow „vernetzen“, so wären alle gut bedient:
• Der Kunde, also der Betreiber der Anlage, würde die für seine Anforderungen optimale Standardmaschine (z. B. Gießmaschinen, Kühler etc.) erhalten.
• Der Hersteller könnte sich auf sein Spezialgebiet konzentrieren und ein optimiertes Aggregat zu vertretbaren Kosten bauen.

Der Reifegrad der einzelnen Module, die vernetzt werden können, würde damit steigen, Funktionalität und Effizienz verbesserten sich, und die Baukosten würden mit dem langfristigen Entwicklungsprozess sinken.



Wahl der Lieferanten

Um Anlagenteile verschiedener Hersteller miteinander vernetzen zu können, müssen die einzelnen Funktionsmodule klar und offen definierte Schnittstellen bieten. Das ist die Voraussetzung, dass der Betreiber selbst sich für einzelne Elemente unterschiedlicher Hersteller entscheiden kann.
Weiterhin wird es möglich sein, eine Einformanlage von einem einzigen Hersteller zu kaufen. Doch die Tendenz wird sich festigen, dass die für die jeweiligen Anforderungen „besten“ Module miteinander kombiniert werden. In diesem Sinne ist der Kunde der König, weil er wirklich die Wahl hat.

Dieser Ansatz ist übrigens in anderen Branchen mit vergleichbarer technologischer Komplexität bereits sehr häufig anzutreffen, z. B. in der graphischen Industrie, bei Verpackungslinien und Montagelinien und – natürlich – bei IT-Hardware.



Auflösung und Strukturierung

Im Folgenden wird eine Einformanlage in ihre Teilgewerke aufgeteilt und die Fertigungskosten werden anteilig aufgelistet. Ebenso aufgeführt ist eine Spalte für die Wahl von Lieferfirmen (ohne Nennung von Namen). Die Prozentzahl gibt jeweils eine Schätzung an. Im Anschluss werden die Teilgewerke separat betrachtet.



Elektrotechnik und technische Informatik

Aufgrund der technischen Entwicklung der Antriebs- und Steuerungstechnik liegt hier ein wichtiger Anlass für eine separate Betrachtungsweise vor.
Eine Studie komplexer Einformanlagen – durchgeführt von der Ubitec GmbH – ergibt, dass die Anzahl der Servomotoren, die in Zukunft notwendigerweise synchronisiert laufen müssen, leicht die Zahl vierzig erreicht. Dies bedeutet, dass auf jeden Fall ein Servomotorsystem einer der großen oder spezialisierten Hersteller genutzt wird.
Hersteller von Einformanlagen sind in Zukunft eher nicht in der Lage, die notwendige Anzahl von qualifizierten Mitarbeitern auf diesem Gebiet zu halten. Diese Ingenieurleistung ist allerdings in technischen Systemhäusern mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Antriebstechnik verfügbar.

Verkleidungen

Eine Einformanlage kann durchaus mit lokalen Lieferfirmen nach Maßgabe der Betreiberfirma – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Projektbüros – verkleidet werden.
Dies ist sinnvoll, wenn
• Gebäudeanpassungen notwendig sind,
• eine häufige Umgestaltung der Anlage angedacht wird,
• eigene Vorstellungen / Standards bei Sicherheit, Hygiene und Design bestehen.

Thermische Technik

In aller Regel sind Firmen regional oder gar in der Nachbarschaft verfügbar, die die Teilgewerke liefern: Kälteanlage und Steuerung, Kühlregister, Luftumwälzung, Klimatisierung sowie Warmwasser- und Heißwasser-Versorgung.
Da diese Technik nach Inbetriebnahme der Anlage meistens ohnehin im lokalen Service übernommen wird, liegt der Gedanke nahe, diese Firmen bereits in der Aufbauphase einer Einformanlage einzubinden (vgl. „Einzelaspekte / Luftversorgung“).



Dosiermaschinen

Es ist üblich und sinnvoll, Dosiermaschinen für den spezifischen Bereich auszuwählen und einzuplanen. Es gibt hier bereits eine große Vielfalt und hohe Qualität bei den Herstellern.
Dosiermaschinen wurden regelmäßig mit „absoluten“ Antrieben (E-Motor, Hydraulik, Pneumatik) gebaut, so dass die Integration in eine modulare Anlage problemlos ist. In der gängigen Praxis wird jedoch dieses Kerngewerk gern einem Anlagengesamthersteller anvertraut, obwohl dies bei objektiver Betrachtung nicht immer eine optimale Lösung darstellt. Denn für (fast) jede Dosieraufgabe gibt es eine besondere Lieferfirma.

Speicherelemente

Vorwärmschränke, Kühlbahnen und Zwischenspeicher sind die notwendigen Speicherelemente. Für dieses Gewerk haben sich bereits zahlreiche Spezialfirmen etabliert.

Wenn die Schnittstellen gut ge- und bezeichnet sind, können Speicher eines entsprechend gewählten Herstellers sowie einer gewählten Technologie (Paternoster-, Kettendurchlauf- und Wendel-Typ) eingesetzt werden. Sinnvoll ist hierbei eine Integration der Elektrotechnik für Ablauf und Regelung innerhalb des jeweiligen Speichers.

Für Speicher gilt letztlich das gleiche wie für Dosierapparate: Nicht der Name des Herstellers, sondern die Funktion ist wichtig, z. B.:
• kurze Verweilzeit, hoher Temperaturgradient = Paternosterkühler,
• lange Verweilzeit, niedriger Temperaturgradient = Wendelkühler.

Transfer- und Spezialelemente

Unter Transferelementen, ergänzt um einige Spezialmodule, versteht man den Formenrundlauf einer Einformanlage, ohne Kühler und Dosiermaschinen und ohne Ausformung. Dieses „Kerngewerk“ reduziert sich auf die Gestaltung der Transporte und auf die Integration von Prozesselementen und Spezialmodulen, wie Rüttelbahn und Hülsenbildung (flüssig).

Viele bisher als originär betrachteten Elemente wie Deckelschaber, Kaltstempeleinheit und Formenwechsel sind dabei als „Aufbauelemente“ zu sehen und können im Zuge einer Feinaufgliederung eines Projektes an eine „Bestfirma“ vergeben werden.

Der in der Liste mit 15 % bezifferte Anteil an den Herstellungskosten wurde ohne die zentrale Kinematiksteuerung angegeben.

Ausformung

Schnittstelle zwischen Einformanlage und Verpackung ist die Ausformung. Diese Schnittstelle ist kostenkritisch, weil hier traditionell Personal eingesetzt wird. Hier können Personalkosten gespart werden.

Dieses Modul sollte deshalb aufgrund seiner Funktion in die Verpackungsstrategie mit aufgenommen werden. Die Schnittstelle ist dann nicht mehr die Bandkante oder die bestückte Platte, sondern die fertig gefüllte Form. Diese wird über eine Förderlinie zur Verpackung gebracht und dort spezifisch ausgeformt. Praktisch kann dies bedeuten, dass die Ausformung vom Hersteller der Verpackungszuführung mit integriert gebaut wird – sei es als Vakuum-Umsetzeinheit oder als Wende-/Ausschlagmaschine.
Die Kosteneinsparung – auf ein Gesamtprojekt bezogen – kann erheblich sein, ebenso wie der langfristige Rationalisierungserfolg.

Im Fokus: Einzelaspekte

Kaltstempeln, Kaltpressen, Frozen Cone:
Aufgrund der technologischen Entwicklung haben sich einige Firmen dafür prädestiniert, Kaltstempelausrüstung zu liefern. Auch diese Ausrüstung kann unabhängig von den Herstellern anderer Aggregate und Module integriert werden.

Luftversorgung: Es gibt zahlreiche Ansätze und Realisierungen von zentralen Luftversorgungen für Einformanlagen. Die Möglichkeit, Luft zentral zu konditionieren, zu reinigen und zu trocknen ist eine positive Herausforderung. Kühler können durch Überdruckbeaufschlagung stets trocken gehalten werden. Diese Luftaufbereitungsanlagen können und sollten von Spezialfirmen der innovativen Haus- und Klimatechnik konzipiert und gebaut werden.

Koordinierende Ingenieurarbeit

Um ein Projekt mit vielen Zulieferern, Einzelpersonen und Technologien erfolgreich zu steuern, ist es sinnvoll und notwendig, ein Projektteam zu bilden.
Dies geschieht regelmäßig, muss jedoch bei der Planung einer modularen Anlage auf den Umfang und die Qualifikation der beteiligten Personen angepasst werden.

Wenn die Schokoladenfirma dieses Projektteam nicht intern zusammenstellt, bietet sich die Möglichkeit an, ein externes Ingenieurbüro mit Branchenkompetenz einzusetzen.

Projektierung

Die Ingenieurleistung kann im Vorfeld mit einer Machbarkeitsstudie beginnen und über die Stufen einer Grob- und Feinplanung bis zur Ausführung des Projektes reichen.
Die Leistungsstruktur des externen Planungsbüros umfasst dann je nach Definition: Gebäudetechnik, Haustechnik, Hygienetechnik, Sicherheitstechnik, Schokoladentechnologie, Einformtechnologie und Verpackungstechnik.



Service

Langfristiger Service ist von zentraler Bedeutung und sollte integraler Bestandteil der Planung einer Einformanlage sein. Mit den aktuell verfügbaren Methoden kann eine modulare Einformanlage in ein Netz von Servicetechnik eingebunden werden.
Informationen über Betriebszustände, Laufzeiten und vorsorgliche Wartung werden in Zukunft zentral aufbereitet. Die Methoden von Sensorik und die entsprechende Software gibt es in anderen Branchen bereits.
Wichtig ist jedoch, dass das Servicekonzept und die langfristige Instandhaltungsstrategie bereits Teil der Vorplanung sein müssen. Dies bietet sich bei modularen Anlagen konsequenterweise an, da bei der Vernetzung und Verkettung der Module eine Vielfalt an technischen Informationen bereitgestellt wird, die auch für die Wartung nutzbar werden.
Die Erarbeitung von Konzept und Strategie sollte zur Auswahl von Serviceversorgern führen, sei es aus der betreibereigenen Infrastruktur, aus dem Feld der Ausrüstungshersteller oder unter den lokalen und regionalen Servicefirmen.

technische Informatik

Die Planung von Hard- und Software für die Produktionsanlage ist – wie dargelegt – für die langfristige Unabhängigkeit der Betreiberfirma von den Lieferfirmen wichtig.
Obwohl Steuerung und Dokumentation von Einzelmodulen stets Sache der Spezialisten ist, muss dies auch langfristig für die Betreiberfirma zugänglich sein. „Zugänglich“ meint auch, dass die Software lesbar und verständlich ist.
Übrigens wird es die traditionelle Technik der mechanischen Hauptwelle – sinnvoll oder technonostalgisch geliebt – bald bei Einformanlagen nicht mehr geben. Widerspricht sie doch in ihrem mechanischen Aufwand der Zielsetzung „Modularität“ und ist – aus dem gleichen Grund – zu teuer in Konstruktion und Bau.

Wenn sich eine Betreiberfirma bei der technischen Informatik von den Herstellern der Einformanlage unabhängig halten will – was durchaus einer langfristigen positiven Kooperation dient – sucht und findet sie ein Systemhaus sowohl für Projektierung von Hard- und Software als auch für den langfristigen, elektronisch gestützten Service.

Das für die Betreuung der Elektrotechnik und der technischen Informatik ausgewählte Unternehmen sollte in der Vorprojektphase eingebunden werden, um Hard- und Softwarestandards festzulegen, Ausrüstungslisten abzugleichen und Installationsnormen zu überarbeiten, insbesondere aber um die Schnittstellen zu definieren.

Zusammenfassung

Modulare Einformanlagen schöpfen ihre Vorteile aus Flexibilität und Funktionalität der Module. Sie erlauben eine modulare Planung, bei der Aufträge für Funktionsmodule nach Qualifikation der jeweiligen Lieferanten vergeben werden können. Planung und Koordination des Projektes können durch externe Fachkompetenz dargestellt werden. Beim konsequenten Einsatz modularer Technik hat der Betreiber – ohne Kostennachteil – folgende Vorteile:
• Flexibilität durch den Einsatz einer rekonfigurierbaren modularen Anlagenstruktur,
• Effizienz durch den Einsatz optionaler Module,
• Unabhängigkeit von Ausrüstungsherstellern durch geeignete Planungs- und Serviceinstrumente.

Summary

Subject of this text is the modular structure of future moulding plants.Consequently this leads to a modular planning. The individual parts of a plant can be supplied by different technology companies – quite in accordance to their special qualification. Project work may be carried out by external engineering teams that show the necessary competence. When consequently designed the modular moulding technology generates advantages without higher investment: flexibility by structures that can be reconfigured; higher efficiency by the use of optimum modules; independence from equipment suppliers through intelligent planning and service instruments.


Autor: Dipl.-Ing. Uwe Bindler, Geschäftsführer, ubitec gmbh, Robert-Wilhelm-Bunsen-Str. 5, 51647 Gummersbach,
Telefon 02261 – 81 41 70, Fax 02261 – 81 49 10, E-Mail: ubion@t-online.de

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