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Heft 03 / 2002 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Studie Kartonverpackung und Markenführung

Die Verpackung betont den Genuss-Effekt


Im Auftrag von Pro Carton wurde im Wiener Institut für Motivforschung eine qualitative Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnisse auf dem Kongress „Faszination Faltschachteln“ vorgestellt wurden. Die Untersuchung umfasst Deutschland, Italien, Frankreich, England, den Niederlanden, Spanien, Schweden und Österreich. Das Resümée: Verpackungen kommunizieren, sie transportieren Botschaften.




In jedem Land wurden 50 qualitative Interviews unter haushaltsführenden Männern und Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren durchgeführt und es wurde allgemein diskutiert. In den drei Hauptbereichen Tiefkühlprodukte, Süßigkeiten und Waschmittel wurden Verpackungen vorgelegt und es wurde versucht, in Erfahrung zu bringen, unter welchen Bedingungen welche Verpackung gewählt wird.

Grundlagen der Untersuchung
Die Situation auf unseren Märkten ist sehr speziell: Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich alles vermehrt. Nahezu alle Leute haben auf allen Märkten das Gefühl, dass von allem zu viel da ist. Es gibt eine Unzahl von Produkten, Marken, Medien und Informationen. Das bedeutet, dass das Wählen für die Konsumenten immer schwieriger wird. Anders gesagt, die Kosten für eine Informationsaufnahme und -prüfung steigen.

Unter diesen Bedingungen suchen Konsumenten nach Mechanismen, die ihnen die Kaufentscheidung erleichtern. Einer dieser Mechanismen sind die Marken. Wer eine Marke kennt, verlässt sich auf sie wie auf eine Art „Heimat“. Marken sind eigentlich Zeichensysteme: Sie vermitteln eine Botschaft. Konsumenten kaufen weniger Produkte, sondern vor allem Botschaften.

Marken binden unterschiedliche Zeichen und Wertvorstellungen an sich, das beginnt schon beim Namen: Eine Marke wie Red Bull zeigt schon im Namen, dass es sich nicht um Babynahrung handelt. Zu einer Marke gehören die Farbcodes, die Werbung und in entscheidendem Maß die Verpackung. Verpackungen spielen in allen Feldern eine große Rolle: Convenience, Gesundheit (Information), Stimulation/Erlebnis, Luxus und Notwendigkeit.

Verpackung und Botschaft

Welche Botschaften müssen Verpackungen insgesamt vermitteln? Die höchste Bedeutung haben heute die Werte Innovation, Leistung und Individualität. Die Menschen sind geradezu süchtig nach Innovationen. Innovationen können oft nicht im Bereich des Produkts selbst stattfinden, aber sie können im Outfit liegen. Da sind Verpackungen ganz wichtig. Alle Konsumenten wollen, dass Produkte eine exzellente Leistung vollbringen, auch da sind Verpackungen einbezogen. Und ebenfalls ganz wichtig ist, Menschen möchten Produkte, die ihnen den Eindruck vermitteln: „Wie für mich gemacht“.
Man müsste also auch ganz raffinierte, individuelle Verpackungen erzeugen. Allerdings stößt man hier an die Grenzen der Logistik. Man muss sich deshalb überlegen: „Wo ist der Unterschied, der einen Unterschied macht?“

Musts & Wants

Die Zielgruppen befinden sich derzeit in einem charakteristischen Wandel: Kleine Haushalte nehmen zu, es gibt immer mehr Singles, ältere Konsumentenschichten werden immer wichtiger. Eine neue Zielgruppe entsteht, die man die „flexiblen Nomaden“ nennt: Das sind Konsumenten, die durch die Städte „pilgern“, leicht durstig und gefräßig sind und überall, wo sie hinkommen, wollen sie etwas haben. Auch für diese ist die Entwicklung spezifischer Verpackungen ganz wichtig.

Zu unterscheiden ist – allerdings nicht so sehr im Bereich Süßwaren – zwischen den Dingen, die der Konsument bei seinem Einkauf auf der Liste stehen hat, die in seinem Haushalt fehlen (die nennen sich „Musts“) und denen, die sich ihm beim Gang durch die Regale (via Verpackung) über die emotionale Schiene aufdrängen – die nennen sich „Wants“. Von den Wants können dann an der Kasse deutlich mehr im Einkaufskorb liegen als von den Musts.

Anforderungen an die Verpackung

Die Rolle der Verpackung in der Kommunikation und der Beeinflussung der Verbraucher wächst. Denn Innovation liegt nur selten auf der Ebene der Produkte, die Kaufentscheidungen werden zunehmend am Point of Sale getroffen. Die Packungen kommen dem steigenden Bedürfnis nach Ästhetik und Information gleichzeitig entgegen, und viele sind immer mehr auch im öffentlichen Raum sichtbar. Sie sind ein sehr guter Beweis für die These von der Entwicklung der Produktionsgesellschaft zur Kommunikationsgesellschaft: Packungen sind letztlich so gut wie das, was sie kommunizieren.

Die Funktionen von Verpackungen auf einen Blick:
• Sie müssen Aufmerksamkeit auf sich ziehen;
• an Markenwerte anknüpfen – und hier spielt das Material eine wichtige Rolle;
• sehr schnell eine Botschaft über das Produkt vermitteln, über die Marke, den Nutzen, das Niveau („Ich bin etwas Besondere“, oder „Ich bin etwas Einfaches“) und den Preis; Sympathie gewinnen;
• Aufforderungscharakter haben;
• Bindungen etablieren;
• Convenience bieten und
• innovativ sein.

Packungen sind hoch komplexe Zeichensysteme. Das beginnt beim Material – ob etwas in Glas, Plastik, Metall oder Karton verpackt wird, bestimmt die zu vermittelnde Botschaft. Die Form – ob weich oder kantig –, die Größe und die visuelle Ausstattung, insbesondere der Transport von Bildern, der Farbcode, die Informationen, die Möglichkeiten der Produktpräsentation im öffentlichen Raum sind weitere entscheidende Faktoren der Rolle von Verpackungen.

Kunden verlangen optimalen Schutz des Inhalts, praktisches Handling und Convenience bei Transport, Öffnen und Umgang (Eindruck: „Mit dir werde ich leicht fertig“), sie wollen Packungen gern anfassen, die Informationen schnell erkennen können.
Verpackungen müssen auch in die jeweilige Verwendungssituation passen und umweltgerecht sein. Selbst wenn die Konsumenten kaum bereit sind, für die Umwelt extra zu bezahlen oder Nachteile in Convenience oder Schönheit in Kauf zu nehmen.

Vorteile von Kartonverpackung

Kartonverpackungen wirken immer ordentlich, sicher und solide. Das kommt einerseits vom Material, andererseits von der Schachtelform. Kartonverpackungen sind auch tradiert und verlässlich, man ahnt einen natürlichen Ursprung – das spielt natürlich in Ländern mit einer großen Holzindustrie wie Schweden eine verstärkte Bedeutung.

Bei Faltschachten hat man immer den Eindruck: „Die kriegt man leicht auf“. Sie sind leicht zugänglich, wichtig für die Convenience. Produktgattung und Markenname sind prägnant dargestellt. Durch Farben und Visualisierungen können hohe Grade an Ästhetik erreicht werden und wir wissen, dass es einen deutlichen Trend in Richtung Ästhetik gibt.

Ganz spezifisch für Karton sind die taktilen Reize. Man denkt: „Das greife ich gern an“. Zahlreiche Möglichkeiten der Oberflächengestaltung – weich, geriffelt, glatt, griffig – erlauben eine Fülle von sinnlichen Erlebnissen beim Anfassen. Das ist bei der heutigen Konsumhaltung des Hedonismus eine sehr interessante Sache. Karton ist ein Material, das atmet, das könnte sogar leicht riechen – eine tolle Möglichkeit, schon von außen einen Duft zu vermitteln. Das ist das, was man in der Psychologie „Vorlust“ nennt – noch vor dem Öffnen bieten sich viele hedonistische Reize.

Faltschachteln schützen den Inhalt, aber sie sargen ihn nicht ein. Man hat das Gefühl, dass auch die Produkte darin atmen können, wie hinter einer Membrane, die nicht zu fest und nicht zu leicht ist. Und noch ein Vorteil: Kartonverpackungen können sehr leicht elitär wirken. Sie können so gestaltet werden, dass sie wunderbar in das Gebiet des Feinen, Kultivierten, des zeremoniellen Schenkens passen.

Die einzelnen Produktgattungen

Um die Rolle von Karton bei den einzelnen Produktgattungen zu ermitteln, haben wir verschiedene Verpackungsmöglichkeiten vorgestellt und gefragt: Unter welchen Bedingungen würden Sie eine Kartonverpackung wählen. Die wichtigsten Antworten:
• Immer dann, wenn es um kleine Größen geht.
• Wenn es um etwas Hochwertiges geht – hier sehen Sie sofort die Möglichkeiten für Marken.
• Wenn es um etwas besonders Natürliches geht.
• Wenn etwas erklärt werden muss – weil man eben sehr gut lesen kann auf Karton: zum Beispiel im Bereich Gesundheit bedarf es vieler Informationen.
• Wenn es sich um eine hochwertige Marke handelt.
• Wenn man es gut transportieren und unterbringen können möchte.

Süßwaren und Verpackung

Für diese Produkte hat die Packung ganz wichtige Funktionen. Vor allem kann sie den Genussaspekt betonen: Süßwaren verkaufen so etwas wie „giergeleitetes“ Essen, man isst sie nicht gegen den Hunger. Dieser Genussaspekt kann durch die Packung gefördert werden, zum Beispiel indem man sie gut wieder verschließen kann und das Gefühl bekommt: „Da bleibt alles ganz frisch und knusprig“.
Eine gute Verpackung fördert den „giergeleiteten“ Konsum und unterstützt das Gefühl, dabei fein und kultiviert zu bleiben. Die kleinen Pralinen-Kunstwerke verdeutlichen diese beiden Aspekte. Eine gute Verpackung unterstützt sie besonders gut.

Hier kam von den Interviewten ganz dezidiert die Äußerung, es sei eigentlich schade, wenn es nur Schachteln seien. Hier wünscht man sich mehr fantasievolle Formen und Dekors, die noch besser stimulieren und die Individualität betonen. Das ist sicher ein Gebiet, das sich gut für mehr Kreativität eignen würde.

Schließlich fördern gute Verpackungen den Unterschied zwischen Alltag und Festtag, zwischen männlich und weiblich, zwischen jung und alt. Alle diese Aspekte benötigen einen eigenen Code, die Packungen müssen eine Fülle von Unterscheidungsleistungen bringen.

Chancen für die Zukunft

Auf der Ebene der Vermittlung von Botschaften haben Kartonverpackungen in mehreren Feldern und über unterschiedliche Merkmale sehr große Chancen. Man könnte sie wahrscheinlich noch viel differenzierter einsetzen, um das zu fördern, was sie an Wertsystemen mitbringen.


Autorin: Dr. Helene Karmesin, Institut für Motivforschung, Wien

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