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Heft 06 / 2002 Artikel in Acrobat-PDF-Format



Strukturbildungsprozesse bei der Schokoladenherstellung

Feststoffkomponente Milchpulver als Feuchtelieferant


Wenn bei der Herstellung von Milchschokolade ein Milchpulver mit geringer Ausgangsfeuchte verwendet wird, kann die Conchierzeit verkürzt werden, ohne dass negative Auswirkungen auf die Fließeigenschaften erwartet werden müssen.


Im ersten Teil unserer Untersuchungen wurde die Rolle des Zuckers bei der Feinvermahlung in einer Kakaobutter-Modellsuspension bezüglich der Strukturbildungsprozesse in Anwesenheit unterschiedlicher Feuchte- und Emulgatormengen betrachtet (1). Dabei zeigte sich, dass Zucker bei der Feinvermahlung durch die partielle Ausbildung von amorphen Oberflächenschichten sehr hygroskopisch wird, dadurch Feuchtigkeit aus der Suspension aufnimmt und nachfolgend, durch Agglomeration der Zuckerpartikeln, Strukturen ausbildet.

Bereits bei einer frei verfügbaren Feuchte von 0,1 % werden die rheologischen Parameter der Suspension deutlich zu höheren Werten verschoben (1). Der Zusatz von Lecithin führt zur leichten Verbesserung der Fließeigenschaften, jedoch sind auch hier entsprechende, durch die Anwesenheit von Feuchte hervorgerufene Effekte zu detektieren.

Natürlich stellt man solche Modellsuspensionen aus Zucker und Kakaobutter mit geringsten Zusätzen an Feuchte in der Schokoladenpraxis nicht her, aber die Rolle der Feuchtigkeit für die Strukturbildung von fein vermahlenem Zucker in Kakaobutter lässt sich auf diese Weise besser demonstrieren.

Die Aufgabenstellung

Unter industriellen Bedingungen werden Zucker, Kakaomasse und Milchpulver vor der Vermahlung vermischt. Die Feststoffe der Kakaomasse und das Milchpulver enthalten adsorptiv gebundene Feuchtigkeit, die bei der Vermahlung partiell vom Zucker aufgenommen werden kann. In diesem Beitrag wird deshalb der Frage nachgegangen, welche Rolle die Feuchtigkeit des Milchpulvers für die Strukturbildung einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver bei der Feinvermahlung spielt.

Milchpulver besteht aus chemisch sehr verschiedenen Komponenten, wie Lactose, Milchproteinen, eingeschlossenem Milchfett und Mineralstoffen. In Sprühmilchpulver liegt die Lactose vorwiegend in nichtkristalliner Form vor. Standard-Milchpulver hat einen Wassergehalt von 3 bis 4 %. Diese mit dem Milchpulver in die Schokoladengrundmasse eingetragene Feuchte ist bei der Feinvermahlung des Zuckers zumindest partiell verfügbar.

Experimentelle Untersuchungen

Zur Untersuchung des Einflusses des Wassergehalts von Milchpulver auf die Strukturbildung in Suspensionen des Typs Kakaobutter-Milchpulver-Zucker wurden Modellsuspensionen aus 40 % Kakaobutter, 40 % Zucker und 20 % Sprühvollmilchpulver hergestellt.
Das Milchpulver mit einer Ausgangsfeuchte von 4,0 % wurde bezüglich des Wassergehalts durch unterschiedliche Vorbehandlung modifiziert, so dass die Feuchte der Modellsuspensionen in einem breiten Bereich eingestellt werden konnte. Die Verwendung von Milchpulver mit der ursprünglichen Feuchte ergab in der Modellsuspension einen Wassergehalt von 0,87 %. Die Feinvermahlung der Modellsuspensionen erfolgte in einer Laborkugelmühle vom Typ Wiener-Roto ohne und mit Zusatz unterschiedlicher Mengen von Lecithin (Chocotop 50) oder eines Gemisches aus Lecithin und PGPR [1,2]. Abbildung 1 zeigt die prinzipielle Vorgehensweise beim Herstellen der Modellsuspensionen.



Abbildung 1: Schematische Darstellung der Herstellung der Modellsuspensionen aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver.

Zur Bewertung der Strukturbildungseffekte wurden die vermahlenen Modellsuspension wieder hinsichtlich rheologischer Eigenschaften (Fließkurven im Rotationsrheometer) analysiert [1,2].

Reduzierung der Feuchte im Milchpulver

Der Wassergehalt des Milchpulvers wurde in der ersten Versuchserie durch Trocknen im Trockenschrank bei T = 57 °C und p = 0,05 bar stufenweise bis etwa 1,5 % reduziert. In einer weiteren Versuchserie wurde Milchpulver zunächst in Kakaobutter dispergiert und auf Schokoladenfeinheit zerkleinert. Diese Suspension wurde mit Warmluft entfeuchtet, um die Feuchte noch weiter, als es bei der Pulvertrocknung möglich ist, zu reduzieren.

Ergebnisse und Diskussion

In diesem Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse des Einflusses der Milchpulverfeuchte auf die Fließgrenze, die Gleichgewichtsviskosität und die spezifische Strukturzerstörungsarbeit [1] der Modellsuspensionen aus Zucker, Kakaobutter und Milchpulver mit unterschiedlicher Feuchte und variierendem Emulgatorzusatz vorgestellt und diskutiert.

Der Einfluss der vor der Vermahlung in der Modellsuspension vorhandenen Feuchte auf die Fließgrenze t0 der feinvermahlenen Suspension wird in Abbildung 2 gezeigt. Bis zu einer Suspensionsfeuchte von 0,5 % (entspricht einer Milchpulverfeuchte von 2,5 %) liegt die Fließgrenze im Bereich zwischen 2 und 3 Pa. Mit höher werdender Suspensionsfeuchte steigt auch die Fließgrenze an und erreicht bei 1 % Feuchte einen Wert von 10 bis 11 Pa, das heißt das Vier- bis Fünffache der Fließgrenze bei geringen Feuchten.



Abbildung 2: Einfluss der Feuchte in einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver auf deren Fließgrenze mit und ohne Conchierbehandlung.

Werden die Suspensionen durch einen nachfolgenden Conchierprozess (mechanisch-thermische Nachbehandlung) auf Werte unter 0,4 % entfeuchtet, sind die Fließgrenzen kleiner als 2 Pa (s. Abb. 2, offene Symbole). Durch den zusätzlichen Aufwand der Nachbehandlung kann also die Fließgrenze der Suspensionen mit hoher Ausgangsfeuchte auf den Wert der Suspensionen mit einer geringen Ausgangsfeuchte (kleiner 0,5 %) gebracht werden.

Dagegen hat die Suspensionsfeuchte nur einen sehr geringen Einfluss auf die Gleichgewichtsviskosität h• wie aus Abbildung 3 erkennbar ist. Das liegt daran, dass dieser Kennwert erst bei hohen Schergefällen, bei denen alle Strukturen bereits aufgelöst sind, wirksam wird. Auch bei hoher Suspensionsfeuchte bleibt dieser Wert im Bereich kleiner als 1,2 Pa*s. Erwartungsgemäß hat auch die Entfeuchtung durch das nachfolgende Conchieren keinen wesentlichen Einfluss auf diesen Kennwert.



Abbildung 3: Einfluss der Feuchte in einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver auf deren Gleichgewichtsviskosität mit und ohne Conchierbehandlung.

Mehr Feuchte, mehr Struktur

Die spezifische Strukturzerstörungsarbeit wst, die den energetischen Aufwand zur Zerstörung der in der Suspension vorhandenen Strukturen kennzeichnet [1], steigt bereits ab einer Suspensionsfeuchte von 0,4 % an. Bei der höchsten Feuchte steigt dieser Parameter um 200 % gegenüber den Suspensionen mit geringer Feuchte (s. Abb. 4). Das ist ein sehr deutliches Indiz für die Ausbildung von Strukturen in der Suspension bei höheren Feuchten. Auch dieser Kennwert kann durch die Nachbehandlung „feuchter“ Suspensionen auf das Niveau der mit zuvor entfeuchtetem Milchpulver vermahlenen Suspensionen gesenkt werden.



Abbildung 4: Einfluss der Feuchte in einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver auf deren spezifische Strukturzerstörungsarbeit (1) mit und ohne Conchierbehandlung.

Einen Gesamtüberblick über den Einfluss der Ausgangsfeuchte einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver auf die rheologischen Werte vor und nach einer Conchierbehandlung gibt Abbildung 5. Sehr gut ist der Anstieg der strukturrelevanten rheologischen Parameter , wie z. B. der Fließgrenze, zu erkennen, wenn eine höhere Feuchte in der Suspension während der Vermahlung vorhanden ist. Es wird auch deutlich, dass der Conchiereffekt um so stärker wirkt, je höher die Ausgangsfeuchte ist. Folglich lässt sich durch den Conchierprozess keine wesentliche Verbesserung der Fließeigenschaften erreichen, wenn die Ausgangsfeuchte vor dem Conchieren entsprechend gering ist.



Abbildung 5: Einfluss der Conchierbehandlung auf die rheologischen Eigenschaften von Modellsuspensionen, die zuvor mit geringer und hoher Feuchte vermahlen wurden.

Zusatz von Lecithin

Der Zusatz von 0,2 % Lecithin führt zu einer deutlichen Senkung der rheologischen Werte der Suspension, wie anhand der Fließgrenze (Vergleich von Abb. 2 und Abb. 6) gezeigt werden kann. Die amphiphilen Moleküle des Emulgators bedecken die Oberfläche der hydrophilen Partikel und reduzieren die freie Energie der Grenzfläche. Damit werden die Wechselwirkungen zwischen den Feststoffpartikeln, die die eigentliche Ursache für die Strukturbildung in der Suspension sind, geschwächt.

Allerdings ist auch bei Lecithinzusatz die deutliche Erhöhung der Fließgrenze der Modellsuspension mit zunehmender Feuchte zu erkennen (s. Abb. 6). Vergleichbare Auswirkungen können auch für die spezifische Strukturzerstörungsarbeit wst, die hier nicht dargestellt ist, gefunden werden [2].



Abbildung 6: Einfluss der Feuchte in einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver mit einem Zusatz von 0.2% Lecithin auf deren Fließgrenze mit und ohne Conchierbehandlung.

Den Vergleich der Wirkung verschiedener Emulgatoren bezüglich der Fließgrenze bei unterschiedlicher Feuchte der Suspension zeigt Abbildung 7. Sowohl Lecithin als auch ein Gemisch aus 70 % Lecithin und 30 % PGPR führen insbesondere bei höheren Feuchten zu einer deutlichen Reduktion der Fließgrenze gegenüber der Suspension mit geringer Feuchte.



Abb. 7: Einfluss von Feuchte und Emulgatorzugabe einer Modellsuspension aus Kakaobutter, Zucker und Milchpulver auf deren Fließgrenze.

Der Einsatz von PGPR in Kombination mit Lecithin hat eine etwas bessere Wirkung als der alleinige Zusatz von Lecithin. Dieser in der Literatur beschriebene Effekt wurde von uns aber in dieser Form bei den Suspensionen, die nur Kakaobutter und Zucker enthielten, nicht festgestellt [1].
Es scheint demnach so, dass die besondere, fließgrenzensenkende Wirkung von PGPR nicht so sehr an die hydrophilen Zuckerpartikel, sondern an das Milchpulver mit seiner heterogenen Oberfläche gebunden ist.

Zusammenfassung

Die durchgeführten experimentellen Untersuchungen zeigen sehr eindrucksvoll, dass die mit dem Milchpulver in die Modellsuspension eingebrachte Feuchte deutliche Struktureffekte im Zuge der Feinvermahlung des Zuckers bewirkt, die zur Erhöhung der strukturrelevanten rheologischen Parameter dieser Suspension führen.
Damit bestätigten sich die im Teil I an Kakaobutter-Zucker-Suspensionen mit Feuchtigkeitszusatz erhaltenen Ergebnisse.
Die Effekte der Feuchte, die über das Milchpulver eingetragen wurde, konnten insbesondere ab einer Suspensionsfeuchte von 0,5 % nachgewiesen werden. Das entspricht einer Milchpulverfeuchte von ca. 2,5 %.
Es kann davon ausgegangen werden, dass bei geringeren Feuchten das Wasser sehr fest an das Milchpulver gebunden und für den Feuchteaustausch mit den amorphisierten Zuckeroberflächen nicht zur Verfügung steht.

Diese Ergebnisse bestätigen die Ausgangshypothese, dass Feuchtigkeit oberhalb eines kritischen Grenzwertes von ca. 0,4 % die Strukturbildung in der Schokoladenmasse fördert, was durch die Erhöhung der strukturrelevanten rheologischen Werte (Fließgrenze und spezifische Strukturzerstörungsarbeit) zum Ausdruck kommt.

Es konnte ferner gezeigt werden, dass die Verbesserung der rheologischen Eigenschaften während des Conchierprozesses in enger Verbindung mit der Feuchtigkeitsreduktion steht und dass bei hinreichend niedriger Ausgangsfeuchte der Suspension keine weitere Verbesserung der rheologischen Eigenschaften durch das Conchieren erreicht werden kann.

Eine Schokolade mit entsprechend geringer Ausgangsfeuchte kann deshalb wesentlich zur drastischen Reduzierung der Conchierzeit und des spezifischen Energieverbrauches beitragen, ohne dass negative Auswirkungen auf die rheologischen Eigenschaften zu erwarten sind.

Die Entfeuchtung des Milchpulvers in der Schokoladenfabrik ist in einer Suspension mit Kakaobutter vorteilhafter als die Entfeuchtung in Pulverform.

Der Zusatz eines Gemisches von Lecithin/PGPR anstelle von Lecithin führt bei der Anwesenheit von Milchpulver zu einer deutlicheren Senkung der strukturrelevanten rheologischen Werte Fließgrenze t0 und strukturbedingte Viskosität hstr1 als die Verwendung von Lecithin allein.

Summary

Investigations were carried out on model suspensions containing cocoa butter, sugar and milk powder. The suspensions were mixed and subsequently refined. After refining the suspensions were examined with respect to their rheological properties. The milk powder component was varied in moisture content.

Results of investigations on these model suspensions demonstrate that available moisture introduced into the system through milk powder can cause structural effects which increased rheological parameters, like yield value or structure viscosity. Especially at suspension moistures higher than 0.4% an increase in yield value can be observed. This suspension moisture corresponds to a milk powder moisture of approx. 2.5%. At lower moistures the water is strongly bound to milk powder solids. Therefore this water can not interact with sugar surfaces formed during refining.

As can be expected, addition of emulsifiers improved the rheological parameters, but could not avoid the structural effects of higher amounts of available water in the system. The addition of a mix of lecithin and PGPR resulted in lower values for yield value and other structure depending rheological parameters.

Literatur

1. Franke, K.; Heinzelmann, K.; Tscheuschner, H.-D. Strukturbildungsprozesse bei der Schokoladenmassenherstellung - Kritisch: die Feststoffkomponente Zucker, Zucker- und Süßwarenwirtschaft 54 (7-8) 16-22, 2001
2. Franke, K.; Heinzelmann, K.; Tscheuschner, H.-D. Untersuchung der Feuchtesorptionsänderungen von Schokoladenmassenkomponenten unterschiedlicher Feuchte beim Anmischen und Feinvermahlen (AiF-FV 12146N), Quakenbrück: Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V., Abschlussbericht

Dank

Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln der industriellen Gemeinschaftsforschung (BMWi/AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) gefördert (Projekt-Nr.: AiF-FV 12146 N).
Unser Dank gilt den Mitgliedern des projektbegleitenden Ausschusses für die konstruktive fachliche Beratung und den beteiligten Unternehmen für die Bereitstellung von Versuchsmaterial.
Der vollständige Abschlussbericht kann bei den Autoren angefordert werden.


Autoren: Knut Franke, Katrin Heinzelmann, Horst-Dieter Tscheuschner, Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. , Prof.-von-Klitzing-Str. 7, 49610 Quakenbrück, Telefon 05431- 18 30, Fax: 05431- 18 31 14, E-Mail: k_franke@dil-ev.de

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